Jüdisches Leben
in Bayern

Brünnau Gemeinde

Die Existenz einer jüdischen Gemeinde ist zumindest für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts anzunehmen. Die Matrikelliste von 1817 des Distriktskommissariats Gerolzhofen listet nämlich zehn Familienoberhäupter auf, die zu diesem Zeitpunkt in Brünnau wohnten. Es ist deshalb anzunehmen, dass einige Familien bereits im 18. Jahrhundert Schutzbriefe erhlten hatten.

Bei den Berufsangaben der Inhaber der zehn Matrikelstellen werden mehrfach Schlachter bzw. Metzger genannt, dazu Handel mit Textilwaren und Viehhändler. Der 1820 immatrikulierte Feifer Stern gibt als Beruf "Güterbesitz und Handel mit Landesprodukten als Wollen und Zwetschgen" an. Vorsichtig geschätzt dürfte die jüdische Gemeinde in Brünnau mindestens fünfzig Personen umfasst haben.

Die Gemeinde hatte eine Synagoge, einen Schulraum und eine Mikwe. Die Verstorbenen der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof Gerolzhofen beigesetzt.

Über die Entwicklung, wohl eher Abnahme, der Zahl der Gemeindemitglieder liegen nur spärliche Informationen vor. Eine Landesbeschreibung des Unter-Mainkreises von 1824 nennt für Brünnau 215 Einwohner, darunter 109 Protestanten, 47 Katholiken und 49 Juden. Eine Übersicht von 1840 nennt bei 274 Einwohnern die Zahl von 60 jüdischen Bewohnern. Im Gemeindeverzeichnis von 1879 wurden weiterhin 270 Einwohner angegeben, die Zahl der jüdischen Einwohner dürfte deshalb stabil geblieben sein.

Aber noch 1884 konnte die Gemeinde einen Lehrer bezahlen, der auch als Vorsänger und Schächter tätig war. In der Anzeige hieß es:"Die hiesige Lehrer- und Vorsängerstelle zu Brünnau ist erledigt. Die Stelle trägt 430 Mark Fixum, 200 Mark Schächterfunktion, 150 Mark Nebenverdienste, 50 Mark an Holz und freie Wohnung." Der Rückgang der Zahl der jüdischen Einwohner dürfte spätestens um die Jahrhundertwende beträchtlich gewesen sein. Die Schule wurde in der Folge von Frankenwinheim aus betreut. 1890 erfolgte der Anschluss an die Kultusgemeinde Gerolzhofen. Im Statistischen Jahrbuch Deutscher Juden firmierte 1905 Brünnau als Filialgemeinde von Gerolzhofen. Zu dieser Zeit lebten bei 231 Einwohnern noch 31 jüdische Einwohner im Ort. In den folgenden Jahren ist wahrscheinlich die Auflösung erfolgt.

Von den in Brünnau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit: Babette Blum geb. Künstler (1875), Frieda Frank geb. Klein (1876), Selma Gundelfinger geb. Künstler (1905), Meta Henle geb. Lichtenauer (1883), Janette (Jeanette) Hirschberger geb. Klein (1879), Meta Kaufmann (1894), Robert Kaufmann (1893), Willi Kaufmann (1896), Meta Kolb geb. Künstler (1902), Hugo Künstler (1900), Karl Künstler (1904), Ludwig Künstler (1891), Mathilde Künstler (1880), Moritz (Mose) Künstler (1876), Julius Lichtenauer (1887), Sigmund Lichtenauer (1873), Sara Stein geb. Künstler (1869), Bertha Strauß geb. Künstler (1878), Cilly Weikersheimer geb. Künstler (1892).

Literatur

  • Steinhauser, Werner: Juden in und um Prichsenstadt: Prichsenstadt, Altenschönbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf, Prichsenstadt 2002, hier S. 59-66
  • Rosenstock, Dirk: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13), Würzburg 2008, S. 130-131.
  • Schwierz, Israel: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern, 2. Aufl. München 1992