In Bischwind, heute ein Ortsteil von Dingolshausen gehen die ersten Spuren jüdischer Familien bis Anfang des 16. Jahrhunderts zurück. 1517 wurden in einem Schreiben des Würzburger Fürstbischofs an die Adelsfamilie von Hainach, die Ortsherren, drei Familien erwähnt. Im Jahr 1698 war ein ortsansässiger Jude namens Michel ben Löw in ein Schuldverfahren verwickelt. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts - vermutlich bis Ende 1880 - bestand eine kleine jüdische Gemeinde. Sie war seit den 1850er Jahren mit der Kultusgemeinde Traustadt verbunden.
Um 1741 gab es bereits eine stabile jüdische Gemeinde. Diese beschwerte sich in diesem Jahre beim Würzburger Fürstbischof über die Gemeinde und das Dorfgericht. Diese hätten der jüdischen Gemeinde eine Wohnung für ihren Schullehrer in einem christlichen Haus zugesagt, unter der Bedingung, dass die jüdische Gemeinde ein christliches Haus weder kaufen noch Geld darauf leihen würden. Die jüdische Gemeinde habe sich daran gehalten, aber das christliche Dorf stelle keine Wohnung zur Verfügung. Deshalb müsse man den Schullehrer mit seiner Familie in eine Scheune einquartieren. Die jüdische Gemeinde erbitte deshalb vom Fürstbischof die Anweisung, entweder eine Wohnung bereit zu stellen oder die Erlaubnis zum Bau eines kleines Hauses. Dieses Gebäude war offensichtlich als Synagoge mit Schulräumen und Lehrerwohnung gedacht und war das Haus Nr. 25. Im Jahr 1768 lebten fünf jüdische Familien in Bischwind. Die fehlende Bereitschaft der christlichen Dorfobrigkeit, jüdische Traditionen anzuerkennen wurde 1779 deutlich, als ein Jude beschuldigt wurde, er sei "in die Ratsstuben gangen und hat seine Kappen auflassen". Für die "Ungehörigkeit" war eine empfindliche Geldstrafe fällig.
Bischwind zählte nach einem Lexikoneintrag um 1804 etwa 24 Häuser und 128 Einwohner, 1810 heiratete ein Benjamin Feifel aus Bischwind nach Dettelbach und wurde im dortigen Matrikelverzeichnis als Warenhändler Wolf Feifel Schloß geführt.
In Zuge der Matrikelgesetzgebung wurden 1817 für Bischwind acht Matrikelplätze festgeschrieben. Ihre Inhaber waren Abraham Feifel Strauß (Schnitthandel), Jacob Hirsch (Viehhandel), Jacob Abraham Stern (Viehhandel), Simon Abraham Jandorf (Schmusen), Joseph Hirsch (Vieh- und Warenhandel), Kalmann Hirsch (Vieh- und Warenhandel), Machol Eissig Weissmann (Schmusen und geringer Spezereihandel) und Seligmann Aron Marx (Viehhandel). Der von Weissmann gewünschte ursprüngliche neue Namen Rothschild wurde abgelehnt. Im Jahr 1825 lebten acht jüdische Familien mit 44 Personen in Bischwind.1840 wurde in einer statischen Beschreibung des Königreichs Bayern für Bischwind 49 Häuser und eine Gesamteinwohnerzahl von 352 Personen, darunter 45 jüdische Einwohner genannt. 1841/42 zahlten die in Bischwind wohnenden Familien 36 Gulden Schutz- und Neujahrsgeld und noch 7 Gulden Leibgeld. Das Vermögen der jüdischen Gemeinde wurde auf 5665 Gulden taxiert. Eine Aufstellung von 1861 zeigt allerdings, dass von den sechs Familien nur zwei, Jakob Hirsch und die Witwe Klara Marx jeweils über 3000 Gulden Vermögen besaßen, während die anderen Familien entweder verschuldet waren oder nur gering vermögend waren. Der Kultusvorstand Wolf Goldstein listete auf, dass der Religionslehrer anteilsmäßig von den Familie bezahlt werde. Der Viehhändler Jakob Stern verstarb um 1843, da hier von seiner Verlassenschaft berichtet wurde.1854 erschien im Würzburger Stadt- und Landboten die Anzeige, dass die unverheiratete Theresia (Räsel) Stern aus Bischwind mit ihrem Sohn nach Nordamerika auswandern wolle.
In der Biographischen Datenbank Jüdisches Unterfranken sind mit dem Ortseintrag Bischwind der Lehrer Hirsch Goldstein (1854-1929), Regina Goldstein (geb. um 1830), der Schneidermeister Wolf Goldstein und die Geschäftsfrau Klara Kaufmann (1857-1906) nachgewiesen. Die kleine Gemeinde besaß eine Synagoge, vermutlich auch einen Raum für den Unterricht der Kinder und ein rituelles Bad. 1857 unterrichtete der 14jährige Schullehrling Moses Mai aus Schwebheim insgesamt sieben Kinder. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Bischwind, wahrscheinlich aufgrund der rückläufigen Zahlen der Gemeindemitglieder, mit der Kultusgemeinde Traustadt verbunden. 1859 erschien im Würzburger Stadt- und Landboten eine Anzeige, wonach die Gemeinde Traustadt mit Bischwind einen Religionslehrer und Vorsänger suchten. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den beiden Kultusgemeinden über die Anteile der Lehrerbezahlung erfolgte 1864. Allerdings lebten zu dieser Zeit nur noch drei Familien am Ort. Staatlicherseits war seit 1870 von einer gemeinsamen Kultusgemeinde Traustadt-Bischwind die Rede. In den Statistischen Jahrbüchern des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes wird Bischwind noch bis Ende der 1880er Jahre aufgeführt, während 1892 nur noch Traustadt genannt wird. Von den in Bischwind geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen: Sofie Brodmann geb. Selig (geb. 1856 in Bischwind, wohnte später in Zeilitzheim, im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 6. Oktober 1942 umgekommen ist), Ludwig Pfister (geb. 1900 in Bischwind, ermordet 1944 in Auschwitz).
(Wolfgang Jahn)
Bevölkerung 1875
Literatur
- Dirk Rosenstock (Bearb.): Die Unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Würzburg 2008 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 19), S. 100 Anm. 256 u. S. 130.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 46.
- Longin Mößlein / Christel Fuchs: 1200 Jahre Bischwind: 791-1991. Dingolshausen 1991.
- K. statistisches Bureau: Ergebnisse der Volkszählung im Königreiche Bayern am 1. Dezember 1875 [...]. München 1877 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 36), S. 189.