Erste Informationen über mögliche Ansiedelungen jüdischer Familien sind aus dem Nürnberger Memorbuch zu erhalten. Hier wird Bayreuth unter den Orten aufgeführt, die von den Judenverfolgungen des Ersten Kreuzzugs 1096, bis zum Pestpogrom 1348/1349 betroffen waren. Seit 1336 lassen sich Juden aus Bayreuth in Urkunden nachweisen. Eine stabile Gemeinde gab es sicherlich um 1372, als unter dem Nürnberger Burggrafen Friedrich V. (reg. 1357-1398) der Schriftgelehrte Meier aus Bayreuth zum "Judenmeister" (Landes-Barnos) bestimmt wurde. Die Politik der Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth im 15. Jahrhundert gegenüber ihren Schutzjuden schwankte zwischen Vertreibung und Duldung. Nach 1488 gibt es jedoch keine Nachrichten mehr, die Gemeinde war wohl endgültig erloschen.
Die liberale Politik des Markgrafen Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth (1711-1763) ermöglichte seit 1759 ein Neubeginn der jüdischen Gemeinde. Mit dem Ankauf eines Gebäudes zur Einrichtung einer Synagoge war auch die Niederlassung von zehn jüdischen Familien möglich. Eine wichtige Rolle spielte dabei der aus Bruck stammende Hofbankier und Münzlieferant Moses Seckel, der eine wichtige Rolle am Bayreuther Hof spielte. Ein Zeichen der Stabilität ist auch der 1787 eingeweihte Friedhof (heute Nürnberger Straße). Bis dahin mussten die Toten in Baiersdorf begraben werden. Aus dem Jahren 1789 bis 1821 stammt das Sheḥiṭah bukh, eine Sammelhandschrift von Zalman ben Sims[h]on Kurzmann mit koscheren Backrezepten, einer Namenliste von Bayreuther Gemeindemitgliedern um 1800, sowie einer Halachischen Entscheidung des Rabbiners Wolf Felheim von 1821.
Die jüdische Gemeinde besaß gegenüber dem Synagogengebäude ein Gemeindehaus mit einer kleinen Mikwe und ab 1867 eine kleine Schächterhütte. 1837 umfasste die Gemeinde etwa 530 Personen. Der Schulunterricht fand ab 1840 im Gemeindehaus statt, Lehrer und Vorsänger hatten dort ihre Wohnung. 1888 musste das Gemeindehaus wegen Baufälligkeit abgerissen werden.
Eine prägende Persönlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der seit 1829 in Bayreuth tätige Rabbiner Dr. Joseph Aub (1804-1880). Er zählte mit dem Bamberger Rabbiner Samson Wolf Rosenfeld zur jüdischen Reformbewegung und predigte in deutscher Sprache. 1838 richtete er einen Leseverein ein und war Initiator der Zeitschrift "Sinai. Wochenblatt für die religiösen und bürgerlichen Angelegenheiten Israels". Während seiner Bayreuther Zeit war Aub bestrebt, die Missstände und Einschränkungen der bayerischen Matrikelgesetzgebung öffentlich zu machen. So forderte er 1846 die Anerkennung der jüdischen Religionsgemeinschaft als Kirche. Aub, der 1852 Rabbiner in Mainz und ab 1869 in Berlin wurde, erwarb sich durch seine Tätigkeit den Respekt der gesamten jüdischen Gemeinde.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts kam es aber auch immer wieder zu antisemitischen Anfeindungen und Ausschreitungen, so etwa 1803, 1819 und 1883. Die Gemeinde zählte um 1880 etwa 360 Mitglieder. Als etablierte Geschäftsleute waren Bayreuther Juden im Textilhandel, als Kaufhausbesitzer oder als Betreiber eines Sanatoriums tätig.
Seit 1872 wohnte Richard Wagner, der bereits 1850 mit der antisemitischen Schrift "Das Judenthum in der Musik" für Aufsehen gesorgt hatte, in Bayreuth. Mit der Etablierung der Festspiele wurde in Bayreuth auch der zwiespältige Umgang der Familie Wagner mit jüdischen Künstlern, wie dem Dirigenten Hermann Levi, deutlich. Wagners Fantasien, dass das Judentum und das Christentum zum Untergang verdammt seine, veranlasste 1880 die "Allgemeinde Zeitschrift des Judentums" zur Aufforderung an die eifrigen Jünger Richard Wagners, sie sollten sich besser vom Geisteszustand ihres Meisters überzeugen.
Ein Bericht der jüdischen Gemeinde von 1909 zeichnet ein unaufgeregtes Bild. Die jüdischen Einwohner machten mit 365 Personen etwa ein Prozent der Gesamteinwohnerzahl Bayreuths aus. An Immobilien besaß die Gemeinde das Synagogengebäude und das Friedhofsgrundstück. Der Rabbiner war Dr. Salomon Kusnitzky. Der Vorsänger Simon Dachauer war auch als Lehrer tätig, dazu gab es einen Schächter. Zur sozialen Struktur wird angegeben, dass die Gemeindemitglieder zumeist Kaufleute mit guten Vermögensverhältnissen seien. Nur wenige Mitglieder seien auf eine Unterstützung angewiesen.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Hetze gegenüber der jüdischen Gemeinde immer virulenter. 1920 sah sich der Bürgermeister zu einer Erklärung veranlasst, "auch unsere israelitischen Mitbürger sind Volks- und Schicksalsgenossen, die vielfach ihre Treue zum Vaterland beweisen hätten". Mit Houston Stewart Chamberlain (1855-1927), seit 1908 mit Eva, einer Tochter Richard Wagners, verheiratet, lebte ein prominenter Vertreter des rassistischen Antisemitismus in Bayreuth. Auch Winifred Wagner (1897-1980), seit 1915 mit Siegfried Wagner verheiratet, war seit Anfang der 1920er-Jahre eine aktive Unterstützerin Adolf Hitlers. Deshalb wirft der kurzer Briefwechsel zwischen dem Bayreuther Rabbiner Dr. Salomon und Siegfried Wagner ein Schlaglicht auf die Einstellung des Wagner-Sohn. Siegfried Wagner erweist sich in seinem Brief vom Juni 1924 als Befürworter der antisemitischen Rassentheorie und fantasiert von einem jüdischen Boykott der Bayreuther Festspiele. Die Antwort des Rabbiners richtete sich deutlich gegen die antisemitische Hetze der völkischen Parteien und Verbände: " Ich muss deshalb mit aller Offenheit sagen, dass weite Kreise gerade in Ihrem Hause einen Stützpunkt dieser völkischen Bewegung erblicken. Herr Chamberlain ist der typische Vertreter der antisemitischen Rassentheorie. Angehörige Ihrer Familie tragen das Hakenkreuz. Ihre Familie soll [...] die völkischen Parteien mit reichen Mitteln unterstützen. Kann es da Wunder nehmen, wenn aufrechte Männer und Frauen jüdischen Glaubens im In- und Ausland sich der Wagnerschen Sache gegenüber Zurückhaltung auferlegen und nicht Mittel zur Verfügung stellen wollen, von denen sie fürchten müssen, dass sie gar indirekt der völkischen Bewegung zufließen?". Die antisemitische Stimmung in Bayreuth und "eine fast schon übereifrige Pflichterfüllung gegenüber nationalsozialistischen Forderungen" führte schon im Dezember 1932 zum Boykott von jüdischen Geschäften. Die Repressionen der nationalsozialistischen Herrschaft führten zu weiteren Boykottaufrufen im April 1933 und zu einer Reihe von Verkäufen jüdischer Geschäfte. Im November 1938 waren nur noch vier Geschäfte in jüdischem Besitz.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüstete eine große Menschenmenge nicht nur die Synagoge, sondern auch jüdische Wohnungen und Geschäfte. 23 jüdische Männer wurde in das Gefängnis gebracht und wochenlang festgehalten.
Am 27. November 1941 wurden 47 Bayreuther in ein Lager bei Riga deportiert. Vier Menschen überlebten. Zwölf Menschen wurden 1942 nach Theresienstadt und weitere Konzentrationslager gebracht. Niemand überlebte.
Ab August 1945 richtete die US-Armee in Bayreuth und in umliegenden Ortschaften Unterkünfte für Displaced Persons (DP) ein, die von der UNRRA betreut wurden. Im Dezember 1945 lebten fast 300 jüdische DPs in requirierten Wohnungen ehemaliger NSDAP-Genossen über das Stadtgebiet verteilt. Den Höchststand erreichte die Bayreuther DP-Gemeinde im September 1947 mit 515 Personen. Die Büros der gewählten Gemeindeverwaltung befanden sich in der Heinrich-Schütz-Straße 6, das Versammlungszentrum und wohl auch ein Betraum in der Lisztstraße 12. Mehr oder minder selbstständig organisiert gab es eine Israelitische Volksschule und den Sportverein "Hapoel Bayreuth". Für die ärztliche Versorgung stand eine jüdische Station im St. Georgen Hospital bereit. Nach der Staatsgründung Israel am 14. Mai 1948 nahm ihre Zahl kontinuierlich ab. Die Gemeinde löste sich daher Anfang der 1950er Jahre zwischen 1951 und 1952 auf. Größtenteils waren die jüdischen DPs nach Israel oder Nordamerika ausgewandert. Aus jenen, die in Bayreuth geblieben sind, aus Überlebenden der Shoah vor Ort und weiteren Zuzüglern ging die neue, noch heute bestehende Israelitische Kultusgemeinde Bayreuth hervor.
Der Zuzug zahlreicher jüdischer Kontingentflüchtlinge aus Ländern des ehemaligen Warschauer Pakts seit den 1990er-Jahren hat die Zahl der Mitglieder der Bayreuther Gemeinde auf über 500 steigen lassen. Bereits 2013 wurde die Mikwe, das rituelle Tauchbad, fertig gestellt. Sie wird "als reinste Mikwe Europas" von einem artesischen Brunnen gespeist. Nach Abschluss der Sanierung der Synagoge wird die Fertigstellung des neuen Gemeindezentrums erwartet. Es wird in der ehemaligen markgräflichen Münze (Münzgasse 9) entstehen, wofür der denkmalgeschützte Altbau entsprechend saniert und umgebaut wird: Das neue Jüdisches Kultur- und Gemeindezentrum ist mit Museumsräumen, Archiv und Bibliothek, koscherem Café und Räumen für die jüdische Gemeinde geplant. Hier werden auch die Genisafunde aus der Synagoge zu sehen sein, die bis in das 16. Jahrhundert zurückreichen. Für das Gedenkjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Bayern 2021 erstellten Studierende der Universität Bayreuth unter Leitung von Dr. Adrian Roßner die interaktive Karte Schalom Bayreuth mit Informationen zur jüdischen Geschichte und Kultur.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Angela Hager / Hans-Christof Haas: Bayreuth. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 92-105.
- Gesellschaft für Familienforschung in Franken / Staatliche Archive Bayerns (Hg.): Staatsarchiv Bamberg - Die 'Judenmatrikel' 1824-1861 für Oberfranken. Nürnberg 2017. Ggfs. digital (Reihe A: Digitalisierte Quellen, 2 = Staatliche Archive Bayerns, Digitale Medien 4).
- Brigitte Hamann: Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth, München 2002.
- Hartmut Zelinsky: Der Dirigent Hermann Levi. Anmerkungen zur verdrängten Geschichte des jüdischen Wagnerianers. In: Manfred Treml / Josef Kirmeier (Hg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Aufsätze. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 17), S. 411-430.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 137.
- Zalman ben Sims[h]on Kurzmann: Sheḥiṭah bukh. Reshimah fon kukhn ṿerḳ [Backrezepte]. [Halachische Entscheidung von Rabbiner Wolf Felheim 1821]. [Namenliste von Gemeindemitgliedern Bayreuth ca. 1790-1800] [Bayreuth] 1789-1821? (BSB Cod. hebr. 540).
Weiterführende Links
- Jüdisches Bayreuth - Interaktive Karte (Shalom Bayreuth - Universität Bayreuth))
- Gemeinde Bayreuth (Alemannia Judaica)
- Gemeinde Bayreuth (Alicke - Jüdische Gemeinden)
- Bayreuth - Jüdische DP-Gemeinde (After the Shoah)
- Briefwechsel Siegfried Wagner mit Rabbiner Salomon (ISWG e, V.)
- Dr, Joseph Aub (Biographisches Portal der Rabbiner)