Jüdisches Leben
in Bayern

Bastheim Gemeinde

Juden sind in Bastheim erstmals 1673 nachgewiesen, als der Jude Mayer für die Nutzung des Gemeindeinventars Gebühren entrichten musste. 1699 nahmen die Freiherren von Bastheim in ihrem Dorf sechs jüdische Familien auf, die einen Teil des Wirtschaftshofs des Schlosses bewohnten. Das Ensemble trug noch bis 1978 den Namen "Judenhof". 1731 sind fünf jüdische Familien in Bastheim nachgewiesen, die meistens arm waren, und neun Jahre später waren bereits sieben jüdische Familien im Dorf ansässig. 1803 lebten 16 jüdische Beisassen mit ihren Familien in Bastheim.

1817 trugen sich zwei ehemals würzburgische und acht ehemals bastheimische Schutzjuden in die im Königreich Bayern vorgeschriebenen Matrikellisten ein, die sich überwiegend vom Handel mit Vieh und rohen Häuten ernährten. Etwa von 1818 bis 1825 wirkte Salomon Wiesenfelder in Bastheim als Lehrer, Vorsänger und Schächter in Bastheim. In der Folgezeit fand dort kein jüdischer Religionsunterricht mehr statt, und auch der Kantor war nicht mehr im Ort ansässig. Beispielsweise kamen 1835 Moyses Löb aus Wüstensachsen und Gerson Seifensieder aus Eichenhausen nurmehr als "Aushilfskantoren" nach Bastheim. An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Oberwaldbehrungen beigesetzt, einzelne Personen auch auf dem Friedhof in Bad Neustadt an der Saale. Die jüdische Gemeinde gehörte von 1840 bis 1892/93 zum Distriktsrabbinat Gersfeld (Hessen), danach zu Bad Kissingen. 1838 lebten zehn jüdische Familien in Bastheim, von denen ein "Leser Blumm" über ein Vermögen von 2000 Gulden und "Gumb Strauß" über ein Vermögen von 1800 Gulden verfügte. Zu diesen Zeitpunkt besuchten die jüdischen Kinder die öffentliche Schule. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterrichtete ein jüdische Religionslehrer aus Oberwaldbehrungen die Bastheimer Kinder im Sommer in der Synagoge und im Winter im beheizten Raum eines Privathauses. So erteilte 1869 Simson Reuß elf Schülerinnen und Schülern Unterricht, 15 Jahre später unterwies Julius Hirschmann fünf Werktags- und vier Sonntagsschülern.

1906 kam der jüdische Religionslehrer nicht mehr nach Bastheim, und die jüdischen Schülerinnen und Schüler mussten nach Oberwaldbehrungen gehen, wo der Religionsunterricht zum festen Stundenplan gehörte. 1910 zählte die Gemeinde Bastheim zu den ärmsten Kultusgemeinden der Gegend und erhielt deswegen von der Würzburger Kreisregierung einen Zuschuss von 50 Mark, der für die Besoldung des Religionslehrers verwendet wurde. Auf ein gutes Verhältnis zwischen jüdischen und christlichen Bastheimern deutet das Engagement des langjährigen Gemeindevorstehers Moses Grass als Kassier des ebenfalls 1910 gegründeten, caritativen Zwecken dienenden St. Johannis-Zweigvereins hin.

1912 bestand die jüdische Gemeinde Bastheim aus sechs Familien und erklärte, deswegen nicht mehr lebensfähig zu sein. Die von dem Bad Kissingener. Rabbiner Bamberger vorgeschlagene Vereinigung mit der jüdischen Gemeinde Reyersbach wurde aber von letzterer abgelehnt. Im Ersten Weltkrieg kämpften acht jüdische Bastheimer, von denen Max Weinstock fiel. Wirtschaftlich erfolgreich war der Bastheimer Schochet Löser Weinstock, der bereits seit 1910 in der Region und seit 1924 auch als Aufseher über die Schächter und Metzgereien der Region tätig war. 1931 weitete Weinstock seinen Wirkungskreis aus und schächtete auch im thüringischen Behrungen und anderen grenznahen Dörfern.  

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 ging die Zahl der jüdischen Bevölkerung in Bastheim kontinuierlich zurück. Während 1933 20 Jüdinnen und Juden im Dorf gewohnt hatten, lebten 1935 noch 15 Juden in Bastheim. Nachdem die Oberwaldbehrunger jüdische Gemeinde 1935 in der jüdischen Gemeinde Mellrichstadt aufgegangen war, bat der Mellrichstädter Kultusvorsteher um die Auflösung der jüdischen Kultusgemeinde Bastheim, die zu diesem Zeitpunkt noch drei Familien zählte. Erst drei Jahre später beschloss die israelitische Kultusgemeinde Bastheim am 11. Mai 1938 die Auflösung der Gemeinde. Nach der Reichspogromnacht wurde der Fellhändler Hugo Gras am 11. November 1938 in Schutzhaft genommen und im Gefängnis des Amtsgerichts Bad Neustadt inhaftiert. Anschließend war er vom 24. November 1938 bis zum 22. März 1939 im Konzentrationslager Dachau interniert. Anfang 1942 lebten nur Rosa Gras und ihr Sohn Hugo Gras in Bastheim. Während Hugo Gras am 25. April 1942 von Würzburg in die bei Lublin gelegenen Lager deportiert wurde, wurde seine Mutter fünf Monate später am 10. September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 9. Februar 1943 getötet wurde. Insgesamt starben 15 in Bastheim geborene und zwei im Ort wohnende Jüdinnen und Juden in der NS-Gewaltherrschaft. 

Die Kommune beteiligt sich am Projekt DenkOrt Deportationen mit zwei Gepäckstücken: Eines erweitert das zentrale Mahnmal auf dem Würzburger Bahnhofsplatz, das Gegenstück vor Ort erinnert an die deportierten Opfer der Shoah. 


(Stefan W. Römmelt)

Bevölkerung 1910

Literatur

  • Gerhard Gronauer / Cornelia Berger-Dittscheid: Bastheim mit Reyersbach. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.1. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 671-683.
  • K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 233.