In der berühmten Kneipp-Kurstadt Bad Wörishofen gab es bis 1945 keine jüdische Gemeinde. Doch lebten hier im 19./20. Jahrhundert einige wenige jüdische Personen (1910: 13 Personen), von denen Einrichtungen betrieben wurden, damit jüdische Kurgäste rituelle Verpflegung und Unterkunft fanden. Ende des 19. Jahrhundert kamen auch jüdische Kurgäste nach Wörishofen. Unter ihnen Prominente wie Baron Nathaniel von Rothschild (siehe Bericht unten), der von Pfarrer Sebastian Kneipp persönlich behandelt wurde. Baron Rothschild wurde zu einem der größten Wohltäter der Kneipp'schen Stiftungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand ein großes Krankenhaus bzw. Sanatorium für besonders geschwächte "Displaced Persons", die aus den befreiten Lagern im Osten kamen oder die Todesmärsche durch Süddeutschland überlebt hatten. Gleichzeitig bildeten (gesunde) jüdische DPs bis 1951 eine mehrere Hundert Köpfe zählende Gemeinde mit dem Hotelgasthof Trautwein als Zentrum.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Krankenhaus bzw. Sanatorium für besonders geschwächte "Displaced Persons", die aus den befreiten Lagern im Osten kamen oder die Todesmärsche durch Süddeutschland überlebt hatten. Hierfür beschlagnahmte die US-Militärregierung das Sanatorium Josefheim, das Kneippianum sowie die Hotels "Luers" und "Sonnenhof". Als erstes wurde im Sommer 1945 das Josefheim mit jüdischen Patienten belegt. Das Hotel Sonnenhof bestand bis zum Herbst 1951 als jüdisches Hospital. Das Sanatorium Josefheim wurde von den Mallersdorfer Schwestern zur Anwendung von Kneipp-Kuren gegründet und hatte durch seinen Grundriss genügend Räumlichkeiten, um viele jüdische DPs sicher und in einer abgeschirmten Lage unterzubringen. Friedmann Golomb der organisatorische Ansprechpartner, ansonsten nutzen die Patienten alle kulturellen und religiösen Einrichtungen der DP-Gemeinde. Das jüdische Sanatorium wurde 1945 gegründet und versorgte im August 1946 zunächst 166 Patienten beiderlei Geschlechts. Die Zahl schwankte etwas, aber wuchs bis Februar 1849 auf 234 an. Damit war aber auch der Höchststand erreicht, und es wurden bis zur endgültigen Schließung des DP-Sanatoriums wieder weniger. Anschließend gingen die Gebäude an ihre Besitzer zurück und standen wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Sanatorium Josefheim wurde inzwischen durch einen modernen Neubau ersetzt.
Zur weiteren Unterbringung gesunder "Displaced Persons" beschlagnahmten die US-Behörden über das Ortsgebiet verteilt privaten Wohnraum. Als Gemeindezentrum diente der Gasthof Trautwein (Bahnhofstraße 5). Wie es üblich war, verwaltete sich die DP-Gemeinde mit einem gewählten Komitee unter dem Vorsitz von Josef Wassermann und Severyn Zweig größtenteils selbstständig, wurde aber von der UNRRA betreut. Sie gründete den Sportverein "Hapoel Bad Wörishofen", außerdem gab es eine koschere Küche, eine Volks- und eine Berufsschule, wo sich die DPs auf ein neues Pionierleben in Palästina oder Übersee vorbereiteten. Von einem Betsaal bzw. einer Synagoge ist nichts bekannt, seine Existenz ist aber naheliegend. Falls sie einen Arzt brauchten, gingen die DPs in das jüdische Sanatorium. Im Dezember 1950 lebten 50 DPs im Ort, im September 1946 bereits 277 und im März 1947 waren es 355. Damit war auch der Höchststand erreicht. Vor allem seit der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 wanderten DPs vermehrt ab oder suchten sich in Amerika und anderen Ländern eine neue Heimat. Andere blieben in Deutschland und bauten sich hier eine Existenz auf. Die DP-Gemeinde Bad Wörishofen zählte im Frühjahr 1951 nur noch 65 Mitglieder und wurde im Laufe des Jahres aufgelöst. Die Unterkünfte gingen an die Besitzer zurück, das Gebäude des Gasthofs Trautwein mitsamt dem alten Namenszug steht noch immer.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1910
Literatur
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 267.