Erst ab 1861 bis Mitte der 1930er Jahre lebten in Bad Tölz ein paar jüdische Familien, die zur IKG München gehörten. Der reizvoll gelegene Ort wurde auch das Ziel wohlhabender jüdischer "Sommerfrischler" aus Mittel- und Norddeutschland. Das Parkhotel der Familie Julius Hellmann bot in einem "israelitischen Restaurant" koschere Speisen an. Von 1945 bis 1951 lebte eine jüdische DP-Gemeinde in Bad Tölz, deren Mitglieder in beschlagnahmten Häusern unterkamen. An die in Bad Tölz geborenen oder dort wohnhaften jüdischen Mitbürger, die in der NS-Zeit ermordet wurden, erinnern heute Ge(h)denksteine in der Marktstraße.
Von 1913 bis 1936 gab es in Bad Tölz ein von der Familie Hellmann rituell geführtes, höchsten Ansprüchen genügendes Hotel (Parkhotel / Kur-Pension), das von jüdischen Kurgästen rege besucht wurde. Dieses Hotel stand am Platz des heutigen BRK-Seniorenheimes (Buchener Straße 6). Außer dem bereits genannten Ladengeschäft von Samuel Sandbank gab es am Fritzplatz einen Lebensmittel-Laden von Alexander Kohn. In der Villa Mignon lebte die jüdische Landgerichtsrats-Witwe Anna Mayer-Liepmann gemeinsam mit der jüdischen Journalistin und Schriftstellerin Dorothea Schneidhuber geb. Gabriel. Das Hofgut Sauersberg (Sauersberg 128) gehörte der Familie Ignatz Nacher (Inhaber der Engelhardt Brauerei Berlin). Nach der NS-Machtübernahme wurde der gesamte jüdische Besitz "arisiert". Bis auf die Familie Sandbank hatten alle jüdischen Einwohner und natürlich auch die Langzeitgäste den Ort verlassen.
Von den in Bad Tölz geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen wurden die Angehörigen der Familie Sandbank Opfer der Shoah: Moritz Sandbank (geb. 1894, mit Frau Luise geb. Bergner, geb. 1890, und den Kindern Berta geb. 1928 und Martin geb. 1929), Oskar Sandbank (geb. 1885), Salomon Sandbank (geb. 1888), Samuel Sandbank (geb. 1858), Sarah (Sali) Sandbank geb. Turnheim (geb. 1864), Dorothea Schneidhuber geb. Gabriel (1887-1942). Erste Gedenksteine – für die deportierte Familie Hellmann – wurden in der Marktstraße verlegt.
Nach Kriegsende 1945 richteten die US-Armee und die UNRRA in Bad Tölz eine jüdische DP-Gemeinde ein, die im Dezember 1945 bereits 37 Mitglieder umfasste. Die Verwaltung der jüdischen Gemeinde lag zunächst im Gebäude Königsdorfer Straße 85. Ab 1947 war die Verwaltung der Gemeinde, das Kulturzentrum und ein Betsaal in einer privaten Villa am Max-Höfler-Platz 3, auf der Westseite der Isar gegenüber der Altstadt untergebracht. Bis August 1947 erreichte die DP-Gemeinde mit 61 Personen ihren Höchststand. Weitere Einrichtungen gab es angesichts der überschaubaren Größe nicht. Die Zahl der DPs schrumpfte, weil sie sich entweder in andernorts gelegenen Bildungsstätten auf die Auswanderung vorbereiteten, und ab Mai 1948 in den neu gegründeten Staat Israel oder nach Nordamerika auswanderten. Die Auflösung der DP-Gemeinde wird für das Jahr 1951 angenommen. Die Gebäude an der Königsdorfer Straße und dem Max-Höfler-Platz wurden später abgerissen und durch Neubauten ersetzt.
(Patrick Charell)
Bevölkerung 1910
Literatur
- Christoph Schnitzer: Die NS-Zeit im Altlandkreis Bad Tölz. Bad Tölz 1995.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 35.