Juden lebten in der Umgebung von Babenhausen, trieben in der Fugger-Residenzstadt Handel und zogen als Viehhändler und Hausierer auf "Judenwegen" durch die umliegenden Dörfer. Die "Judengasse" im Ortszentrum ist seit 1705 schriftlich belegt und mit Sicherheit in der mündlichen Überlieferung noch deutlich älter, jedoch hat es in Babenhausen allen lokalen Legenden zum Trotz nie eine jüdische Gemeinschaft gegeben. Die Gasse war vielmehr der Handelsplatz durchziehender Juden, die in den anliegenden Gaststätten auch ihr Handelsgut unterstellten. Vom 1687 bis 1710 erstreckte sich nachweisbar eine immer wieder verlängerte Fugger'sche Handelskonzession für sechs Juden aus Hürben (Baden-Württemberg) mit "Roß, Vieh, Häuten, Feder und Tuch und anderen Waren". Mit der Liberalisierung der Handelsbedingungen im Königreich Bayern verlor die Judengasse zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihre Bedeutung. Vereinzelt und nur zur temporären Untermiete lebten jüdische Vieh- und Textilhändler dann nicht in der Judengasse, sondern im westlichen Teil der Stadtgasse. Auch nach dem Fall des einschränkenden Matrikelparagraphen im Jahr 1861 bildete sich in Babenhausen kein nennenswertes jüdisches Leben. Als Erinnerung und Hinweis auf die vielschichtige und bunte Handelsgeschichte, die im Laufe der Jahrhunderte den Fuggermarkt geprägt hat, hat sich der Straßennamen dennoch erhalten.
Bevölkerung 1875
Adresse / Wegbeschreibung
Judengasse, 87727 Babenhausen
Literatur
- Dieter Spindler: Warum gibt es in Babenhausen eine Judengasse? Versuch einer Erklärung. In: Historischer verein babenhausen e.V. (Hg.): Beiträge zur Geschichte, Bd. IV: 2011-2013. Krumbach 2016, S. 125-140.
- K. statistisches Landesamt: Gemeindeverzeichnis für das Königreich Bayern. Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und dem Gebietsstand von 1911. München 1911 (= Hefte zur Statistik des Königreichs Bayern 84), S. 256.