Jüdisches Leben
in Bayern

Würzburg Friedhof

Der erste mittelalterliche Friedhof befand sich an der heutigen Ecke Blasiusgasse / Schmalzmarkt, von dem sich jedoch keine Spuren erhalten haben. Eine neue Grablege entstand 1147 im Pleicher Viertel (heute Juliuspromenade). Im "Weinreben-Pogrom" 1349 wurde dieser Friedhof geschändet und die Grabsteine als Baumaterial verwendet. 1987 konnte man über 1500 Fragmente beim dem Abriss des früheren Klosters St. Markus bergen, sie werden heute im Museum von "Shalom Europa" aufbewahrt. Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1585-1617) ließ den Friedhof 1575 aufheben und mit dem Juliusspital überbauen. Im Jahr 1889 öffnete eine neue Begräbnisstätte an der Werner-von-Siemens-Straße angelegt, konservative Gemeindemitglieder bevorzugten jedoch den Friedhof in Höchberg.

Lage: Nordöstlicher Stadtrand an der Werner-von-Siemens-Straße. 

Größe: Massive Steinmauer rund um den gesamten Friedhof mit Haupteingang an der Werner-von-Siemens-Straße. 

Alter: Angelegt 1880 bis 1882, Einweihung am 4. Juli 1842. Zuvor wurden die Juden in Höchberg und Heidingsfeld beigesetzt. Höchberg blieb auch nach 1842 der bevorzugte Bestattungsplatz orthodoxer Würzburger Juden, nachdem seit 1900 auf dem Würzburger Friedhof die Möglichkeit bestand, Urnenbestattungen vornehmen zu lassen. 

Beerdigungen: Große ältere Abteilung mit dem ältesten Grabstein des Friedhofs aus dem Jahr 1881 (Amalie Bechhöfer); zahlreiche, teilweise recht ärmliche Gräber und Grabsteine aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft; viele neue und neueste Gräber und Grabsteine. 

Besonderheiten: Vor dem Haupteingang großes Friedhofshaus mit Leichen- und Tahara-Halle, Keller, Wohnung des Friedhofswärters und Aufenthaltsräumen; in der „Leichenhalle", in der man bei der Bestattung die Gebete sprach, befindet sich auf der rechten Seite eine Mazzewa vom mittelalterlichen Würzburger Friedhof, auf der linken Seite der Gedenkschrein für die im 1. Weltkrieg gefallenen Mitglieder der Würzburger Jüdischen Studentenverbindung „Salia". Rechts des Friedhofseingangs Urnenhalle, weiter rechts von ihr Ehrenhain für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges mit Gedenkstein von 1924. Im Ehrenhain steht ein am 11. November 1945 errichteter Gedenkstein für die in den Konzentrationslagern ermordeten Juden; die Weiherede hielt Rabbiner Neuhaus aus Frankfurt a.M. An der dem Haupteingang gegenüberliegenden Mauer Grabstätte der prominenten Familie „Hirsch auf Gereuth" in Form eines Mausoleums sowie weitere Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten wie des Barons Ernst von Mannstein und seiner Ehefrau. 

Schändungen: Während des Nazi-Regimes beschlagnahmte die Stadt das Friedhofshaus mit der Wohnung und übergab den Friedhof einem Gemüsegärtner zur Aufsicht. Bei Kriegsende waren etwa 40 Grabsteine umgestürzt. Letzte Schändung des Friedhofs im Jahre 1982.


Seit 2021 online zugänglich das rekonstruierte Friedhofsregister des Friedhofs Würzburg

Adresse / Wegbeschreibung

Werner-von-Siemens-Straße 2, 97076 Würzburg

Literatur

  • Lothar Mayer: Jüdische Friedhöfe in Unterfranken. Petersberg 2010, S. 196-201.
  • Karlheinz Müller: OT Jüdische Grabsteine [in Würzburg]. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Wolfgang Jahn (Hg.): Edel und Frei. Franken im Mittelalter. Katalog der Bayerischen Landesausstellung 2004. Augsburg 2004 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 44), S. 157-159.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 139-143.