Jüdisches Leben
in Bayern

Rothenburg ob der Tauber Friedhof

Der mittelalterliche Friedhof lag außerhalb der ersten Stadtmauer im Norden der Altstadt. Nach der Vertreibung der jüdischen Gemeinde 1520 wurde die Grabsteine zerstört oder als Baumaterial verwendet. Nur noch wenige Steine haben sich erhalten.

Der Friedhof an der Wiesenstraße wurde 1890 angelegt.

Juden sind in Rothenburg bereits im späten 12. Jahrhundert urkundlich bezeugt. Im 13. Jahrhundert vergrößerte sich ihre Zahl auf 500 bis 600 Personen, unter ihnen einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit, Rabbi Meir ben Baruch (um 1220-1293), der über viele Jahre hinweg in Rothenburg wohnte. Bei den Rindfleischpogromen 1298 wurden 470 Juden der Stadt grausam ermordet, ihre Leichen auf dem Friedhof verbrannt.

Der mittelalterliche Friedhof lag außerhalb der ersten Stadtmauer im Norden der Altstadt auf dem Gelände des heutigen Schrannenplatzes und wurde bis zur Vertreibung der Juden aus der Stadt 1520 belegt. Danach räumte man ihn größtenteils ab und verwandte die Grabsteine als Baumaterial. Bislang fand man 47 Gedenk- und Grabsteine aus der Zeit zwischen 1270 und 1395. 1914 entdeckte man bei Grabungen auf dem Schrannenplatz 32 Grabsteine sowie einen Gedenkstein für die 1298 ermordeten Gemeindemitglieder, weitere Grabsteine kamen in den vergangenen Jahren bei Baumaßnahmen ans Tageslicht, u.a. 1989 bei Arbeiten an der Burgmauer, in die Grabsteine eingemauert waren und die teilweise auch in der Mauerabdeckung lagen. Unter ihnen befand sich der bislang älteste Grabstein aus dem Jahr 1266.

Einen Teil der Steine verwahrt heute das Reichstagmuseum (Klosterhof 5). Weitere mittelalterliche Grabsteine befinden sich im „Rabbi-Meir-Gärtchen“ (10), Schranne West (2), Burg (Mauerkrone, 4), Burg (Außenmauer, 1 Teilstück) sowie Burg (Haus Nr. 2).

Lage: Nordwestlicher Stadtrand an der Wiesenstraße. 

Größe: 296 qm; massive Steinmauer, Eingangstor mit zwei Davidsternen. 

Alter: 1890. 

Beerdigungen: 40 erhaltene Grabsteine, davon 38 mit der Jahreszahl 1947 (s. unten). 

Besonderheiten: Seit 1878 existierte in Rothenburg o.d.Tauber eine Heilige Schwesternschaft. 

Schändungen: Während des NS-Regimes wurden der Friedhof geschändet und die Grabsteine für profane Zwecke verwendet. Am 26. Mai 1943 verkaufte man das Gelände für 310 Reichsmark an die Stadt. Nach Kriegsende beschlagnahmte das amerikanische Militär den Friedhof und überließ ihn der jüdischen Vermögensverwaltung IRSO. Diese und später der Landesverband betrieben die Rückerstattung. 1947 errichtete die Stadt neue einheitliche Grabsteine mit Einfassung. Auf jedem Stein steht eingemeißelt: „Menora – P. T. [hier liegt geborgen]“, ferner der Name, das Geburts- und Sterbedatum sowie die Jahreszahl 1947.

Dokumentation: Eine Namensliste der erhaltenen Grabsteine in der Arbeit von Oliver Gußmann über die Geschichte des jüdischen Friedhofs an der Wiesenstraße.

Adresse / Wegbeschreibung

Georgengasse 17 / Wiesenstraße 7, 91541 Rothenburg ob der Tauber

Literatur

  • Lothar Mayer: Jüdische Friedhöfe in Mittel- und Oberfranken. Petersberg 2012, S. 164-169.
  • Michael Trüger: Jüdische Friedhöfe in Bayern (5) [Höchberg, Reckendorf, Pappenheim, Rothenburg o.d.T.]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 9, Nr. 61 (März 1994), S. 19f.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), 185-187.
  • Germania Judaica I, S. 311-312; II,2 S. 707-718; III, 2, S. 1252-1276.