Jüdisches Leben
in Bayern

Oettingen Friedhof

Der jüdische Friedhof liegt am Ortsende (Mühlstraße 44) in Richtung Dornstadt. Er hat eine Größe von über 2400 qm und wurde 1850 angelegt. Es sind mehr als 300 Grabsteine erhalten.

Lage: Am Ortsende (Mühlstraße 44) in Richtung Dornstadt. 

Größe: 2420 qm; massive hohe Mauer rund um den Friedhof; in der rechten Ecke an der Straße kleines Tor (Eingang zur Wohnung), links daneben großes Eisentor mit zwei Davidsternen. Heute L-förmige Friedhofsfläche. 

Alter: Angelegt 1850 während der Amtszeit des letzten Oettinger Rabbiners Meir Feuchtwanger. 

Beerdigungen: Im 15. Jahrhundert brachten die Oettinger Juden ihre Toten nach Nördlingen, später nach Wallerstein. Nach einer neueren Zählung sind 319 Grabsteine erhalten, davon 36 über Kindergräbern (links des zweiten Türchens). Rechts und links des Weges sehr viele alte und kunstvolle Grabsteine, alle konsequent gegen Osten hebräisch, gegen Westen deutsch beschriftet. 

Besonderheiten: In der rechten Friedhofsecke an der Straßenseite großes Haus, daneben Grünfläche und Garten. Das ehemalige Tahara- und Friedhofswärterhaus sind heute bewohnt, das Haus und der „bewohnte" Teil des Friedhofes vom restlichen Friedhof durch einen stabilen Drahtzaun, durch den ein Eisentor in den eigentlichen Friedhof fährt, abgetrennt. Am ehemaligen Tahara-Haus sind außen Gebete zum rituellen Händewaschen, eine Almosenbüchse (zedaka) sowie eine Erinnerungstafel und ein Gedenkstein mit folgender Inschrift angebracht: „Erbaut im Jahre d. H. 5611-1830". Auf einer weiteren Steintafel ist zu lesen: „Der du mich hast schauen lassen viel Not und Leiden, du wirst wiederum mich beleben und aus den Tiefen der Erde mich wiederum erheben Ps. 71,20. Ihren jüdischen deutschen Mitbürgern zur Söhne und Ehre Stadt Oettingen i. Bay.". Das ebenfalls am Tahara-Haus angebrachte hebräische „Gebet beim Eintreten in den Friedhof“ im Anschluss an den Trauermonat (schloschim: 30 Tage) lautet in deutscher Übersetzung: „Gelobt seist du, Ewiger, unser G’tt, König der Welt, der euch in Gerechtigkeit erschaffen hat, euch in Gerechtigkeit ernährt und erhält, euch in Gerechtigkeit sterben lässt. Er kennt euer aller Anzahl in Gerechtigkeit und wird euch wieder zum Leben zurückrufen in Gerechtigkeit. Gelobt seist du, Ewiger, der du die Toten wieder belebst“. In Oettingen existierte eine Chewra Kaddischa und seit 1900 auch eine eigene Schwesternschaft für Frauen. 

Schändungen: 1938.

Dokumentation: Eine von Rolf Hofmann zusamengestellte Aufstellung der Grabsteine, eine Namensliste, ein Plan des Friedhofs und ein Plan der Verteilung der Grabsteine von Männer, Frauen und Kindern sind auf der Seite der Alemannia Judaica zu finden.

Adresse / Wegbeschreibung

Mühlstraße, 86732 Oettingen

Von der Stadtmitte aus über die Schlossstraße, durch das Schlosstor hindurch, links am fürstlichen Hofgarten vorbei und quer über die Straße "Schloßbruck" in die Mühlstraße. Dieser fast bis zum Ortsende folgen. der Friedhofseingang befindet sich am vorletzten Haus auf der rechten Seite am Ende der Mühlstraße.

Literatur

  • Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach, Bd. 3. Fürth 1998, S. 640f.
  • Michael Trüger: Jüdische Friedhöfe in Bayern (14) [Oettingen, Hainsfarth, Diespeck]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 11, Nr. 71 (Dezember 1996), S. 12f.
  • Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 274f.
  • Germania Judaica II, 2, S. 623-625; III, 2, S. 1061.