Auf dem alten Haselbacher Friedhof St. Jakobus (neben der Totentanzkapelle) verweist eine Gedenktafel auf die 28 anonymen Opfer eines Todesmarsches aus dem KZ Flossenbürg. Die Inschrift lautet: „Hier ruhten 28 unbekannte Opfer des Nationalsozialismus aus dem Lager Flossenbürg + April 1945. Zu Tode gehetzt, in Frieden geborgen“. Die Überreste der am 25. April 1945 ermordeten und an Ort und Stelle verscharrten Toten wurden am 15. Juli 1945 exhumiert und auf dem Ortsfriedhof begraben. Der Stein wurde daher zunächst entfernt. Es ist das Verdienst von Josef Brembeck, der den Grabstein auf seinem Grundstück einlagerte, dass der originale Grabstein, nunmehr als Gedenkstein wieder an seiner alten Stelle aufgestellt werden konnte und bis heute an diesen Todesmarsch erinnert. 1958 erfolgte die Umbettung der sterblichen Überreste in den KZ-Friedhof Flossenbürg, und die Inschrift am Stein wurde geändert. Am 27. April 2015 organisierte der Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels eine überregional beachtete Gedenkfeier zum 70. Jahrestag des Todesmarsches.
Persönlicher Dank geht an Elisabeth Vogl M.A., Haselbach, für die Bereitstellung von Bild- und Quellenmaterial.
(Patrick Charell)
Haselbach 25. April 1945 - St. Markustag
Elendszug von Häftlingen aus dem KZ Flossenbürg durch den Bereich der Pfarrei
Haselbach, damals Landkreis Bogen
Von Konrad Seidl, 2023
An diesen denkwürdigen Tag erinnere ich mich noch ganz lebendig.
Als Ministrant mit 12 Jahren, seit 1943 auf dem Gymnasium in Straubing, das inzwischen bombardiert worden war, diene ich am Altar zur hl. Messe am Mittwoch, 25.April um 7.15. Pfarrer Eigenstetter hatte schon am vorausgehenden Sonntag vermeldet, dass diesmal der herkömmliche Bittgang am Markustag in die Filiale Herrnfehlburg wegen der unsicheren Lage nicht stattfinden könne.
Nach dem Gottesdienst verbrachte ich den Vormittag daheim in Pfarrholz. Gegen 10.00 Uhr hören wir Buben Schüsse, unweit von uns aus der Richtung Bumhofen. Neugierig wie wir waren, machten wir uns auf den Weg, liefen durch den Wald in Richtung Bumhofen, wo uns meine damals 22 – jährige Schwester Therese aufgeregt entgegenkam und von einem Elendszug auf der nahen Straße berichtete, der aus Richtung Herrnfehlburg kam. Auch sie hatte die Schüsse gehört, die aus dem gegenüberliegenden Kirchholz kamen. Wir Buben liefen weiter, sahen aber von dem Elendszug nichts mehr. Wir überquerten die Straße und liefen zum gegenüber liegenden Wald, dem Kirchholz. Am Waldesrand entdeckten wir frisch aufgeschüttete Erde mit Blutspuren darauf. Von da mussten die Schüsse gekommen sein. Also lagen Tote darunter. Später erfuhren wir, dass dieses frische Grab acht Häftlinge aus diesem Todeszug barg, von der Begleitmannschaft ermordet. Wir erzählten daheim von dem Erlebnis und es verbreitete sich überall die Kunde von diesem Elendszug. Wie gut, dass der Bittgang nach Herrrnfehlburg abgesagt worden war. Wir wären auf dem Heimweg, ungefähr um die gleiche Zeit, dem Elendszug begegnet.
Nachmittags um 14.00 kamen die amerikanischen Soldaten mit ihren Panzern und Lastwägen aus der gleichen Richtung Herrnfehlburg zu uns nach Haselbach. Wir dachten, wie gut, dass die Amis nichts von dem Grauen entdeckten, das sich wenige Stunden zuvor bei uns abgespielt hatte. Das hätte böse Folgen für uns haben können. Die Ankunft der amerikanischen Soldaten war dann das Ereignis, das diesen Tag beherrschte. Der Krieg war für uns zu Ende. Von dem Todeszug am Vormittag war keine Rede mehr. Erst langsam ging man daran, die Plätze aufzuspüren, wo die armen Häftlinge, meist abseits der Straße erschossen und dann verscharrt worden waren.
Und dann stellte sich heraus, dass allein im Bereich der Pfarrei 28 der Häftlinge ermordet worden waren. Erst für den 15.Juli wurde die würdige Beerdigung der Opfer auf dem Friedhof der Pfarrei festgelegt. Da man die Zahl der Ermordeten festgestellt hatte, wurden 14 Särge bestellt, ein Sarg für jeweils zwei Opfer. Mein Vater musste als Schreiner 7 Särge machen und sein Schreinerkollege fertigte die die übrigen Särge an.
Bei der Beerdigung war ich als Ministrant dabei. Minister Auerbach, selbst einmal Häftling im KZ, hielt die Gedenkrede. Sein markantes Wort zum Gedenken an die armen Opfer steht noch heute auf dem Grabstein: Zu Tode gehetzt – im Frieden geborgen.
Am meisten hat mich aber damals die Ansprache unseres Pfarrers Johann Eigenstetter beeindruckt. Es war eine Abrechnung mit dem Dritten Reich, wie ich sie eindrucksvoller nie gehört oder gelesen habe. Diese Trauerrede ist ganz erfüllt von dem, was
einen Zeitzeugen und Priester am Kriegsende angesichts des Zusammenbruchs dieses mörderischen Regimes bewegte.
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Straubinger Straße 19, 94354 Haselbach
Neben der Totentanzkapelle
Literatur
- Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 20, Nr. 97 (April 2005), S. 27-28.