Der jüdische Friedhof in Augsburg-Kriegshaber liegt an der Ecke Madison-/Hooverstraße nahe der westlichen Gemarkungsgrenze von Kriegshaber, Das Grundstück wurde 1627 angekauft und der Friedhof 1636 angelegt. Zeitweise haben die jüdischen Gemeinden von München und von Augsburg ihre Verstorbenen hier begraben. Der Friedhof hat eine Größe von über 9000 qm. Es haben sich über 700 Grabsteine erhalten.
Lage: Ecke Madison-/Hooverstraße nahe der westlichen Gemarkungsgrenze von Kriegshaber, 1916 nach Augsburg eingemeindet.
Größe: 9401 qm; große, massive Steinmauer rund um den Friedhof; das schmiedeeiserne Tor befindet sich an der Hooverstreet.
Alter: 1627. Die seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in Kriegshaber ansässigen Juden mussten zunächst ihre Verstorbenen in Burgau beerdigen. Als die Juden 1617 aus Burgau vertrieben wurden, gelang es den Juden von Kriegshaber, 1627 eine der Markgrafschaft Burgau gehörende Viehweide zu erwerben, die sie 1636 als Friedhof eröffneten. Er wurde 1695 und 1722 erweitert und 1825 durch gemeinsame Anstrengungen der drei jüdischen Gemeinden Kriegshaber, Pfersee und Steppach mit einer Einfriedungsmauer umgeben. Bis 1816 hat auch die jüdische Gemeinde München ihre Toten in Kriegshaber begraben.
Einzugsbereich: Fischach, Pfersee, Schlipsheim, Steppach und Kriegshaber. Die Toten der Augsburger Gemeinde wurden bis zur Anlage eines eigenen Friedhofs 1867/68 ebenfalls in Kriegshaber beigesetzt.
Beerdigungen: Der Friedhof ist zu drei Vierteln mit Gräbern belegt und in drei Abschnitte eingeteilt. Ca. 700 alte und neuere Grabsteine haben sich erhalten; die ältesten stammen aus den Jahren 1662, 1673 und 1695. Beerdigungen fanden auch nach 1945 statt. Am 12. Mai 1927 fotografierte Theodor Harburger das Holzgrabmal des (gewaltsam ums Leben gekommenen?) Sohnes des Mordechai aus Kassel, der Dienstag, 19. November 1805 (27. Cheschwan 5566) gestorben war; es wird heute im Jüdischen Kulturmuseum Augsburg aufbewahrt. Ein Gedenkstein zur Erinnerung an die KZ-Opfer wurde nach 1945 aufgestellt.
Besonderheiten: Direkt gegenüber dem Eingang, etwa 40 m entfernt, liegt ein bewohntes Friedhofswärterhaus mit folgender Inschrift über dem Eingang "Du gehst zum Ende und ruhst aus und Du wirst vor Deinem Schicksal neben dem Ende Deiner Tage (hebräisch). 1636 wurde dieser Friedhof eröffnet 1802 - Der leidenden Menschheit jüdischer Nation dieses Haus erbauet u. gewid. von Pfersee, Steppach u. Kriegshaber 1871 Die Umfassungsmauer neu aufgeführt". Diese war insofern von Bedeutung, da der Besuch des Friedhofs bis 1867 lebensgefährlich war; denn neben dem Friedhofsgelände befand sich ein Schießplatz der Artillerie. Der Kugelfang lag entlang der Friedhofsmauer, wodurch es immer wieder zu schweren Unfällen sowie zu Beschädigungen der Mauer und der Grabsteine kam. Erst die Eingabe des Seligmann Lazarus beim bayerischen König 1867 hatte Erfolg: Die Kugelfänge wurden auf die andere Seite des Übungsgeländes und Übungen mit schweren Geschützen auf das Lechfeld verlegt. Seit 1826 war eine Chewra Kaddischa in der Gemeinde Kriegshaber tätig.
Schändungen: 1942.
Dokumentationen: Gräberliste in alphabetischer Reihenfolge und Gräberliste nach der Reihenfolge der Beisetzungen, erarbeitet 2011 von Yehuda Shenef, Jüdisch Historischer Verein Augsburg, www.jhva.de)
Bilder
Adresse / Wegbeschreibung
Hooverstraße 15, 86156 Augsburg
Literatur
- Thomas Groll / Christian Kreilke / Claudia Böhme / Katharina Maier: Kriegshaber in Bildern - Am Straßenrand der Weltgeschichte. Augsburg 2016.
- Yehuda Shenef: Das Haus der drei Sterne. Die Geschichte des jüdischen Friedhofs von Pfersee, Kriegshaber und Steppach bei Augsburg, in Österreich, Bayern und Deutschland. Augsburg 2013.
- Michael Schneeberger: Jüdische Landgemeinden in Bayern (20). Die Juden von Kriegshaber in Augsburg. In: Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern 23, Nr. 106 (April 2008), S. 33-42.
- Michael Brocke / Christiane E. Müller: Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland. Leipzig 2001, S. 124.
- Harburger, Theodor: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, hg. von den Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, und dem Jüdischen Museum Franken – Fürth & Schnaittach., 3 Bde., Fürth 1998, hier Bd. 2, S. 341-355.
- Michael Trüger: Jüdische Friedhöfe in Bayern (7) [Fürth, Binswangen, Kriegshaber]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 9, Nr. 63 (September 1994), S. 25-26, hier S. 26.
- Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation. 2. Aufl. München 1992 (= Bayerische Landeszentrale für politische Bildung A85), S. 249-251.
- Louis Lamm: Zur Geschichte der Juden im bayerischen Schwaben, Bd. 1. Die jüdischen Friedhöfe in Kriegshaber, Buttenwiesen und Binswangen. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in der ehemaligen Grafschaft Burgau. Berlin 1912.
Weiterführende Links
- Jüdischer Friedhof Kriegshaber (Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern)
- Jüdischer Friedhof Kriegshaber (Alemannia Judaica)
- Jüdischer Friedhof Kriegshaber (Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland)
- Augsburg-Kriegshaber (Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben)
- Kriegshaber (Jüdisch Historischer Verein Augsburg)
- Friedhof Kriegshaber (Jüdisches Museum München)
- Jüdischer Friedhof Kriegshaber (Wikipedia)
- Jüdischer Friedhof (Bayerischer Denkmal-Atlas)