Die Glossare des HdBG

Nürnberger Rassengesetze 1935 Detailansicht

Stichwörter: Nürnberger Gesetze, Nürnberger Rassengesetze, Nürnberger Rassengesetze 1935, Rassengesetze


Am 15. September 1935 wurden drei neue Gesetze auf dem "gleichgeschalteten" Reichstag in Nürnberg beschlossen. Sie richteten sich gegen jene Menschen, die von den Nationalsozialisten als Juden verfolgt wurden, aber auch gegen Sinti und Roma sowie andere Minderheiten. Das "Reichsbürgergesetz" und das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" sprach deutschen Jüdinnen und Juden die Staatsbürgerschaft ab. Auf der Basis einer zutiefst menschenfeindlichen, pseudo-wissenschaftlichen Erblehre wurden Eheschließungen und sogar der Geschlechtsverkehr zwischen "Ariern" und Juden bei Strafe verboten. Als Menschen zweiter Klasse war es ihnen nicht einmal mehr erlaubt, die deutsche Nationalflagge zeigen, zu der die Parteifahne der NSDAP mit dem gleichzeitig erlassenen "Reichsflaggengesetz" erhoben wurde. Die Nürnberger Gesetze waren nach den wirtschaftlichen Boykottmaßnahmen ein weiterer Schritt der NS-Diktatur hin zur Ausgrenzung und Entmenschlichung der deutschen Juden. Kurz nach der Verabschiedung der Rassengesetze wurde am 14. November 1935 festgeschrieben, dass "jüdische Mischlinge mit zwei jüdischen Großeltern" nur noch mit ausdrücklicher Genehmigung "Deutschblütige" oder "jüdische Mischlinge mit einem jüdischen Großelternteil" ehelichen durften. Entsprechende Anträge blieben jedoch meist erfolglos; nach 1942 wurden sie "für die Dauer des Krieges" nicht mehr angenommen. Ehen zwischen zwei "Vierteljuden" waren nicht erlaubt, heiraten konnten hingegen "Vierteljuden" und "Deutschblütige". Die unwissenschaftlichen, teils bewusst schwammigen Formulierungen förderten weiteren Missbrauch und Willkür. Das zeigte sich auch darin, dass jüdischstämmige Menschen, die sich für das Regime als nützlich erwiesen, zu "Ehrenariern" ernannt werden konnten.

Quelle: Lothar Gruchmann: Das "Blutschutzgesetz" vom 15. September 1935. Entstehung, Anwendung und rechtsgeschichtliche Bedeutung. In: Haus der Bayerischen Geschichte / Manfred Treml / Josef Kirmaier / Evamaria Brockhoff (Hg.): AK Geschichte und Kultur der Juden in Bayern – Aufsätze. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 17), S. 469-478. // Deutsches Reichsgesetzblatt, Jg. 1935, Teil I Nr. 100 (16. September), S. 1145, 1146–1147 u. Nr. 125 (14. November), S. 1334-1336. The Internet Archive, Digitalisat 30. April 2008.
Aus: Jüdisches Leben in Bayern (hdbg.eu/juedisches_leben)