Biografien
Menschen aus Bayern

Veit Kaulla Hoffaktor, Hofagent und Bankier

geb. 1764, Hechingen
gest. 30. August 1811, Augsburg-Kriegshaber

Wirkungsort: Augsburg-Kriegshaber

Veit Kaulla, auch Kaula oder Caula, war ein königlich bayerischer Hoffaktor und Bankier, kurtrierischer Hofagent und ab 1803 Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Kriegshaber. Wie ein Schutzbrief des pfalzbayerischen Kurfürst Carl Theodor vom 31. Juli 1798 dokumentiert, war der damals 34-jährige Veit Kaulla während der napoleonischen Revolutionskriege mit Geld- und Warenkarawanen unterwegs und sorgte für die Versorgung des Reichsheeres. Er galt als einer der wichtigsten süddeutschen Hoffaktoren und hinterließ ein Vermögen von 125.756 Kronen. Sein Schutzbrief, das sogenannte "Caula-Patent", wird heute im Augsburger Maximiliansmuseum aufbewahrt. Das Wohn- und Geschäftshaus in Kriegshaber ist erhalten.

Der im Jahr 1764 zu Hechingen (heute Baden-Württemberg) geborene Veit Kaulla war der Sohn von Akiba Salomon Auerbach, einem Pferdehändler, und Karoline (Kaula) Raphael, besser bekannt als Madame Kaulla (1739-1809). Zur damaligen Zeit galt sie als wichtigste jüdische Geschäftsfrau und Bankchefin in Süddeutschland und war Ende des 18. Jahrhunderts eine der reichsten Frauen Europas war. Mit seiner Frau Babette "Blümle" geb. Goldschmidt, hatte er vier Kinder: Josephine Gernsheim, Isac Julius Veit Kaulla, Sara Ettlinger und Friedrich Veit Kaulla. Die Mutter Madame Kaulla betrieb ein äußerst erfolgreiches Handels- und Kredithaus und weihte Veit Kaulla in den Fernhandel ein. Er war in ein weitverzweigtes finanzielles Netzwerk eingebunden, dass aus seiner Familie und angeheirateten Verwandten bestand; unter anderem zu den Hoffaktoren Aaron Liebmann (1766-1827) in Hechingen und Jakob Lippmann Hechinger (1758-1828) in Harburg (Schwaben).

1797 ließ sich Kaulla in Augsburg-Kriegshaber nieder, das zur vorderösterreichischen Markgrafschaft Burgau gehörte. Die Nachbarschaft zur Reichsstadt Augsburg und der Standort an der Reichsstraße war für die Handelstätigkeit besonders vorteilhaft. In Kriegshaber lebten daher auch reiche Hoffaktoren. Veit Kaulla erwarb das Anwesen Nr. 12 (heute Ulmer Straße 210) und unterhielt in Augsburg ein Wechselkontor, durfte aber nicht in der Stadt selbst wohnen. 1803 wurde er zum Vorsteher der Kultusgemeinde gewählt und stiftete einen neuen Toravorhang (Parochet). Als er 1811 schwer erkrankte, baten auch die christlichen Bewohner von Kriegshaber ihren Pfarrer um einen Bittgottesdienst, was dieser jedoch für einen Juden ablehnte - lediglich eine allgemein gehaltene Fürbitte wurde zelebriert. Wie ein Schutzbrief des pfalzbayerischen Kurfürst Carl Theodor vom 31. Juli 1798 dokumentiert, war der damals 34-jährige Veit Kaulla während der napoleonischen Revolutionskriege mit Geld- und Warenkarawanen unterwegs und sorgte als Heereslieferant für die Versorgung und Finanzierung des Reichsheeres. Nach seinem Tod übernahm seine Frau Blümle Kaulla das Geschäft, da die Kinder noch zu jung waren. Das Unternehmen muss wirtschaftlich sehr erfolgreich gewesen sein und Kaulla hinterließ ein Vermögen von 125.756 Kronen. 

Im Jahr 1811 starb er mit 47 Jahren. In seinem Nekrolog wird sein rechtschaffener und sanfter Charakter erwähnt und seine "große Wohltätigkeit gegen Bedürftige ohne Unterschied der Religion und eine menschenfreundliche Bereitwilligkeit, Jedermann, wo er kann, zu dienen" hervorgehoben. Nach seinem Tod führte die Ehefrau Blume Kaulla und ab 1815 Wolf Kaulla, ein Bruder, das Geschäft in Augsburg weiter.

Der kurfürstliche Judenschutzbrief für Veit Kaulla wurde im Herbst 2001 bei der Auflösung eines englischen Landhauses in einer Schatulle durch einen Londoner Kunsthändler erstanden. Diese Schatulle umfasste ein handgeschriebenes Patent und eine silberne Kapsel mit bayerischem Wappensiegel. Durch das von Carl Theodor am 31. Juli 1798 ausgestellte Dokument war es Veit Kaulla möglich, sich frei in Ober- und Niederbayern sowie in der Pfalz zu bewegen. Zudem schützte das Patent den Kaufmann und seine Mitarbeiter weitgehend vor Schikanen, Beschlagnahmungen und willkürlichen Zollforderungen, wobei der Kaufmann das Patent immer "in originali" mitführen musste. Aus diesem Grund wurden das Pergament und Siegel auch in der metallenen Schutzhülle transportiert. Das Patent befindet sich seit 2002 im Augsburger Maximilianmuseum.


(Kea Grimmelt)

Literatur

  • Yehuda Shenef: Tage des Gerichts. Der Bericht des Ber Ulmo aus Pfersee. Augsburg 2012.
  • Anke Joisten-Pruschke: Die Geschichte der Juden von Augsburg während der Emanzipationszeit 1750–1871. In: Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens. Augsburg 2011 (= Neue Forschungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 12), S. 279-349, hier: 325-327.

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