geb. 03.01.1862,
Schloßchemnitz/Chemnitz
gest. 20.09.1931,
München
Wirkungsort:
Weimar | Stuttgart | München
Max Littmann wurde nach eigener Aussage in eine assimilierte jüdische Familie geboren, die zum Christentum konvertierte. Nach einem Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Dresden ging er nach München, wo er sich 1888 selbstständig machte. Durch innovative und gleichzeitig sorgfältig geplante Projekte machte sich Littmann einen Namen und heiratete 1891 Antonie (Ida) Margarethe geb. Heimann (1871-1943), deren Vater ein großer Bauunternehmer war. Max Littmann wurde Teilhaber und kreativer Kopf der Firma "Heilmann & Littmann". Er entwarf und baute zahlreiche große Gebäude in München, die das Stadtbild zum Teil bis heute entscheidend prägen: Theaterbauten (Prinzregententheater, Kammerspiele, Künstlertheater), aber auch Aufträge für die Ludwig-Maximilians-Universität (heute Klinikum Campus Innenstadt) und seine "Bierpaläste" (Hofbräuhaus, Weißes Bräuhaus, Sternecker Bräuhaus).
Littmann stammte als einer assimilierten jüdischen Familie, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts lutherisch hatte taufen lassen. Seine Eltern waren der Kaufmann Bernhard Littmann (1829-1894) und dessen Frau Emilie geb. Heinig. Konfessionsfragen interessierten Max Littmann zeitlebens wenig. Ohne seine jüdische Herkunft leugnen zu wollen, fühlte er sich in erster Linie als Deutscher. Nach dem Besuch der Gewerbeakademie seiner Vaterstadt studierte er and er TH Dresden Architektur, unter anderem bei Prof. Karl Robert Weißbach. 1885 ging Max Littmann nach München, wo er Aufnahme im kreis des Bayerischen Kunstgewerbevereins um Friedrich von Thiersch und Gabriel von Seidl fand. Studienreisen führten ihn nach Italien und Frankreich.
Im Jahr 1888 machte sich Max Littmann in München selbstständig. Das enorme Wachstum der Stadt konfrontierte den jungen Architekten mit drängenden Fragen sozialer und hygienischer Art. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik machte nicht nur geeignete Neubauten nötig, sondern eröffnete der Baukunst auch neue, rationellere Möglichkeiten. Das zu Reichtum gelangte Bürgertum stellte hohe Anforderungen an den Wohnkomfort; Wirtschaft und Staat legten Wer auf Funktionalität wie auf Repräsentation. Durchaus Kind seiner Zeit, bevorzugte Littmann Anleihen aus dem heiteren süddeutschen Barock, bei repräsentativen Gebäuden aus dem monumentaleren Klassizismus. Allen seinen Entwürfen gemeinsam sind die klare Disposition, die sorgfältige Raumgestaltung und besonders das Bemühen, bei der Erfüllung der technischen Erfordernisse auf dem neuesten Stand zu sein. 1888 gewann Max Littmann den Wettbewerb für Hallenbau anlässlich des Deutschen Turnfestes zu München 1889. 1890/91 erregte er mit einer neobarocken Wohnhausgruppe an der Steinsdorfstraße Aufsehen, indem er die damals geschlossene Hofbebauung zur Straße und zur Isar hin öffnete, und damit gesündere Wohnverhältnisse schuf.
Am 25. November 1891 heiratete Max Littmann Ida geb. Heilmann (1871). die einzige Tochter des jüdischen Bauunternehmers Jacob Heilmann. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Eine Tochter, Gertrud Margarethe verh. Proebst (1892-1980), und zwei Söhne, die jedoch schon im Kindbett verstarben, Kurt Littmann (1893-1901) und Walther Georg Max Littmann (1899-1900).
Littmann wurde als Mitinhaber und Leiter er Entwurfsabteilung in die Firma aufgenommen, die ab dem 2. März 1892 als offene Handelsgesellschaft "Heilmann & Littmann" firmierte. Im Rahmen seines weitgefächerten Schaffens, das nur den Sakralbau ausschließt, verdienen Littmanns Projekte für die Medizinische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität besondere Beachtung: Das Zentral-Taubstummeninstitut (1895), die Psychiatrische Klinik (1902-1904), sowie das weiträumige und damals hochmoderne Anatomiegebäude (1905-1908). Gleichzeitig entstanden die von Littmann geplanten großen Warenhäuser Hermann Tiez am Hauptbahnhof (1904/05) und Oberpollinger in der Neuhauserstraße (dito), das Geschäftshaus der "Münchner neuesten Nachrichten", später Sitz des Süddeutschen Verlags in der Sendlinger Straße (1905/06), die Filiale der Dresdner Bank am Promenadenplatz (1906/07) und wenig später die Preußische Gesandtschaft mit der Schackgalerie (Prinzregentenstraße, 1908/09).
Während der Prinzregentenzeit errichteten die Münchner Großbrauereien enorme "Bierpaläste", mehrstöckige repräsentative Prachtbauten. Bierpaläste waren nicht nur sorgfältig entworfene und ausgestaltete Gesamtkunstwerke, sondern auch moderne Großbetriebe, die oftmals tausende Gäste auf einmal verköstigen konnten. Zusätzlich dienten separate Räumlichkeiten als Versammlungsstätte von Parteien und Vereinen. Die Münchner Bierpaläste wurden schnell zu beliebten Touristenattraktionen und prägten das Image Münchens als "Bierhauptstadt der Welt". Renommierte Architekten wie Emanuel von Seidl (1856-1919) oder eben Max Littmann bevorzugten für diese besondere Architektur den Stil einer wuchtigen (Neo-)Renaissance, weil dieser historische Baustil als "typisch deutsch" und gutbürgerlich galt, außerdem schien er dem Volksgetränk Bier angemessener als etwa der opulente Neobarock klassischer Kaffeehauser. Die Firma "Heimann & Littmann" entwarf und erbaute in München das neue, heute weltberühmte Hofbräuhaus (1896/97), ebenfalls am Platz das Kaffeehaus "Orlando di Lasso" (1898/99), den großen Saalbau im Matthäserbräu (1899/1900), Schneider's Bräuhaus im Tal (1897), und schräg gegenüber den neuen Sterneckerbräu (1901/02).
Seine größten Leistungen erbrachte Max Littmann indes auf dem Gebiet des Theaterbaues. Ein Theater war für ihn ein Zweckbau, der den Ansprüchen der Schauspieler, Musikanten, dem Publikum und der Allgemeinheit genügen musste. Intensiv beschäftigte er sich mit den antiken Vorbildern, sowie den Entwürfen seiner Vorgänger Schinkel und Semper. An seinen Bau des Prinzregententheaters in München-Bogenhausen (1900/01) richteten sich dazu noch besondere Erwartungen, weil das Theater im neu erbauten Stadtviertel den sozialen wie repräsentativen Mittelpunkt bilden sollte, andererseits aber noch die Erinnerung an das nicht realisierte große Wagner-Festspielhaus von König Ludwig II. (reg. 1864-1886) lebendig war. Das Münchner Schauspielhaus (1900/01, ab 1926 Kammerspiele) wurde wegen Platzmangels ein Rangtheater, was Littmann ansonsten zu vermeiden suchte. Littmanns Schiller-Theater in Charlottenburg bei Berlin (1905/06) wurde ein idealtypisches Volkstheater, eine Pionierleistung des demokratischen Theaters mit gleichwertigen Plätzen. Auf der Schwanthaler Höhe an der Münchner Theresienwiese wurde die Planung des Ausstellungs- und Messegeländes vom Staat auf verschiedene Architekten aufgeteilt. Max Littmann entwarf dort das Künstlertheater, das am 17. Mai 1908 zur 750. Jahrfeier der Stadtgründung Münchens mit einer Aufführung von Goethes "Faust I." eingeweiht wurde. In Weimar baute Max Littmann das neue Hoftheater (1906/08), in Hildesheim das Stadttheater (1908/09), in Posen ein Theater als "deutschen Kulturtempel" (1909/10) und das Königliche Theater in Stuttgart (1909-12).
1910 gewann Max Littmann den ersten Preis für eine neue Oper in Berlin. Als Ersatz für die Kroll-Oper sollte sie die Pariser Oper an Größe übertreffen, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs vereitelte die Ausführung. Die Stadttheater in Bozen (1913-18) und Münster (1915-20) sowie das Landestheater in Neustrelitz (1926-28) konnten hingegen unter Opfern und Limitierungen realisiert werden. Littmanns letzte Pläne galten einem Monumentalbau in Athen, der einen Konzertsaal, ein Amphitheater und ein Konservatorium für Musikstudenten hätte aufnehmen sollen. Ähnlich wie beim gescheiterten Berliner Opernprojekt fällt in Littmanns spätem Werk ein Hang in das Gigantomanische auf, der an die offizielle Architektur totalitärer Regime erinnert. Während sie bei jenen zur politischen Ideologie gehört, war es bei Littmann ein Ausdruck versiegender Gestaltungskraft nach vielen Jahren fruchtbaren Schaffens. Am 20. September 1931 ist Max Littmann hoch geehrt in München gestorben. Er ruht in einem Familiengrab auf dem Nordfriedhof in München. Sein Nachlass gelangte nach seinem Tod an das Architekturmuseum der Technischen Universität München und an das Deutsche Theatermuseum. Nach Max Littmann wurde die Münchner Littmannstraße benannt.
Aus: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd. 2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 18/2), S. 203-210.
(Franz Menges | bearb. Patrick Charell)
Bilder
Literatur
- Werner Ebnet: Sie haben in München gelebt. Biografien aus acht Jahrhunderten. München 2016, S. 375.
- Stadtarchiv München / Franz Adam u.a. (Hg.): Wirtshäuser in München um 1900. "Berge von unten, Kirchen von außen, Wirtshäuser von innen". München 1997.
- Franz Menges: Max Littmann (1862-1931), Architekt. In: Haus der Bayerischen Geschichte /Manfred Treml (Hg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd. 2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 18/2), S. 203-210.
- Bayerischer Architekten- und Ingenieur-Verein (Hg.): München und seine Bauten. München 1912. Unverän. nachd. hg. vom Bayerischen Architekten- und Ingenieur-Verband e.V., München 1978.
Weiterführende Links
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