Biografien
Menschen aus Bayern

Martin Pauson Bierkrugveredler

geboren: 08.06.1861, Redwitz an der Rodach
gestorben: 21.10.1934, München

Wirkungsort: München

Figurenkrüge in Form des Münchner Kindls oder eines Turms der Frauenkirche, Künstlerkrüge nach den Entwürfen namhafter Grafiker, oder klassische Keferloher mit den Signets der großen Münchner Brauereien: Die Produkte des jüdischen Bierkrugveredlers Martin Pauson haben das werbewirksame Bild der Bier- und Kunststadt München geprägt. Vom Figurenkrug "Münchner Kindl", Pausons bekanntestem Erzeugnis, sind 40 verschiedene Modelle aus Steinzug und Porzellan bekannt. Importierte Rohlinge wurden in der Werkstätte Pauson von mehreren dutzend Angestellten bemalt, bedruckt und mit Applikationen aus der eigenen Zinngießerei zu kleinen Kunstwerken montiert. Nach seinem Tod betrieb sein Schwager das Geschäft unter dem Namen Pauson noch bis 1938 weiter, dann "arisierten" die NS-Machthaber den Betrieb.

Martin Pauson war der jüngste von fünf Söhnen eines Korbwarenhändlers, Salomon Pauson (1809-1869), und Rosa geb. Bannemann (1815-?). In Redwitz gab es bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, die allerdings zur Zeit seiner Geburt bereits von der starken Abwanderungsbewegung gezeichnet war. Über die Kindheit und Jugend Martin Pausons ist nichts weiteres bekannt. Er hat mit Sicherheit die Volksschule im Ort besucht und eine traditionelle jüdische Erziehung genossen. Neun Jahre nach der endgültigen rechtlichen Gleichstellung der deutschen Juden hatte sich Pauson 1880 in München niedergelassen und 1884 eine "Porzellan- und Glaswarenhandlung mit Porzellanmalerei und Zinngießerei" in der Neuhauser Straße 5 als Gewerbe angemeldet.1888 heiratete Martin Pauson in Nürnberg die gebürtige Haßfurterin Ida Aufseesser (1865-1942). Gemeinsam hatten sie eine Tochter, Cornelia "Nelly" (1893-1980), die später den Nürnberger Anwalt Dr. Kurt Moosbacher heiratete und vor der NS-Herrschaft in die USA floh, wo sie in Los Angeles ihren Lebensabend verbrachte.

In die Anfangsphase seiner Firma fallen der Entwurf und die Produktion wahrer Ikonen der berühmten Münchner Figurenkrüge, die sich zwischen 1890 und 1910 einer großer Beliebtheit erfreuten. In seinem Unternehmen wurde zum Beispiel der "Münchener Frauenturm [...] mit Bavaria als Lichtbild" produziert, der in illustrierten Annoncen in zwei Größen von 1/2 und 1 Liter angeboten wurden. Martin Pauson produzierte und vertrieb über Jahrzehnte hinweg das gesamte Spektrum Münchner Bierkrüge, von Figurenkrügen mit dem obligatorischen Münchner Kindl ("Kindlmanie"), über edle Porzellankrüge mit Darstellungen nach Gemälden des Genremalers Franz von Defregger, bis hin zu Brauereikrügen mit den Signets von Hackerbräu, Löwenbräu oder dem Münchner-Kindl-Bräu. Martin Pauson produzierte den Festkrug zur Einweihung des Messegeländes auf der Theresienhöhe im Jahr 1908, außerdem statte er den Ratskeller im Neuen Münchner Rathaus mit repräsentativen Bierkrügen aus. Nach 1900 begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Münchner (Jugendstil-)Künstlern wie Max Mandl oder Franz Ringer. Krüge der Firma Pauson sind im Münchner Bier- und Oktoberfestmuseum ausgestellt.

Figurenkrug "Frauenkirche" 0,5l. Porzellan, emaillebemalt, Zinn. Martin Pauson, München um 1890.

Bier- und Oktoberfestmuseum München, HW 122 / Video: Alex Pohl.

1901 ließ Pauson nach Plänen des Architekten Eugen Drollinger ein repräsenttaives Wohn- und Geschäftshaus in der Neuhauser Straße 9 gegenüber der Jesuitenkirche St. Michael errichten. Die Bierkrüge traten zunehmend in den Hintergrund, als sich die Firma Pauson zu einem der führenden Münchner Porzellan- und Küchenausstattungsgeschäfte entwickelte. Diesen Richtungswechsel dürfte wohl sein Schwager Hugo Aufseesser (1872-1959) eingeleitet haben. 1906 trat er als Teilhaber in das Unternehmen eingetreten und übernahm es nach dem Tod von Martin Pauson als Alleininhaber. Bereits im Juli 1938 wurde die Firma jedoch von den neuen Machthabern "arisiert". Eine Anzeige im "Völkischen Beobachter" vermeldete am 25. Juli: "Die Firma Martin Pauson [...] ging heute in deutschen Besitz über. Fritz Haertle vormals Martin Pauson". Auch das Wohn- und Geschäftshaus ging in Fritz Haertles über. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Immobilie zerstört und in den 1950ern wieder aufgebaut. Die Firma Haertle Tischkultur GmbH [sic] wurde bis zur Jahrtausendwende an dieser Adresse weitergeführt, sie beherbergt heute ein Modegeschäft.


(nach Bernhard Purin)

Literatur

  • Bernhard Purin: "Großartige Auswahl in Bierkrüge aller Art". Münchens jüdische Bierkrugveredler.In: Lilian Harlander / Bernhard Purim (Hg.): AK Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten. München 2016, S. 95-137, hier 113-121.
  • Graham Dry: Krüge für München. Herstellung, Veredelung und Vertrieb. In: Münchner Stadtmuseum / Florian Dering u. Sandra Uhrig (Hg.): Das Münchner Kindl. Eine Wappenfigur geht eigene Wege. München 1999, S. 114-120 u. 128.

GND: nicht verfügbar