Biografien
Menschen aus Bayern

Löb Kent Bankier, Stifter der Synagoge Niederwerrn

geb. um 1760, Niederwerrn
gest. vor 1801, London

Wirkungsort: Amsterdam | London

Nur sehr wenig ist noch über den jüdischen Kaufmann bekannt, der sich in seiner neuen Heimat Großbritannien nach der Grafschaft "Kent" nannte. Er verließ bereits in jungen Jahren seinen Geburtsort Niederwerrn und wanderte nach Amsterdam aus. Dort investierte er seine letzten 3 Gulden in ein "überfälliges" Handelsschiff aus Ostindien, dessen Ladung bereits als Verlust abgeschrieben wurde. Das Wunder trat ein: Der reich beladene Segler erreichte doch noch den Hafen und Löb Kent war ein gemachter Mann. Er zog nach London, wo es bereits blühende sephardische und aschkenasische Kultusgemeinden gab. Offenkundig gründete er ein erfolgreiches Bankhaus in der Londoner City, jedoch erscheint sein Name weder in den Adressbüchern (Directories), noch den Unterlagen der Metropolitan Archives oder des Britischen Nationalarchivs: Löb Kent bleibt ein Phantom. In den Jahren 1785/86 (hebr. Zeitrechnung 5546) stiftete er jedenfalls auf eigene Kosten in Niederwerrn eine große Synagoge errichten, die bis heute steht. Außerdem gründete er die "Löb Kent'sche Stiftung", um unbemittelten Schülern das Studium an einer Jeschiwa zu ermöglichen. Später wurden mit dem Geld auch andere akademische Werdegänge finanziert: "Bezugsberechtigt ist in erster Linie ein Waisenkind, in zweiter Linie ein anderes Kind oder Jüngling. 1. aus der Familie des Stifters, 2. weiterhin aus Niederwerrn, 3. von auswärts. - Nach Abschluss der Studien oder des 24. Lebensjahres erlischt der Bezug der Stiftung", so heißt es noch in einer öffentlichen Annonce aus dem Jahr 1915. Der Vorplatz der ehem. Synagoge, heute Gemeindebibliothek heißt mittlerweile Löb-Kent-Platz und erinnert mit einem knappen Informationstext an den Stifter. (nach Gerhard Gronauer / Hans-Christof Haas | Patrick Charell)

Literatur

  • Gerhard Gronauer / Hans-Christof Haas: Niederwerrn. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1409

GND: nicht verfügbar