Leopold (hebr. Saul) Sonnemann kam im unterfränkischen Höchberg zur Welt. 1840 zog die Familie Sonnemann nach Offenbach am Main (Hessen), wo Leopold zur Schule ging und dann das Tuchwarengeschäft seines Vaters übernahm. Er wandelte es zu einer Privatbank um, und war auch an der Gründung der Frankfurter Volksbank beteiligt. Finanziell unabhängig setzte er sich für die republikanischen Bestrebungen ein, die noch in der Revolution von 1848 gescheitert waren. Einerseits betätigte sich Leopold Sonnemann als einflussreicher Verleger der "Frankfurter Zeitung", andererseits war er 1868 Mitgründer der Deutschen Volkspartei (DVP) und saß für diese mehr als ein Jahrzehnt als Mandatsträger im Deutschen Reichstag. Sonnemann war außerdem Mitglied der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und des Finanzausschusses, wo er sich um die Stadtentwicklung verdient machte. Er war mit Rosa geb. Schüler (1835-1911) verheiratet, aus der Ehe ging Therese verh. Simon (1855-1938) hervor.
Leopold (hebr. Saul) Sonnemann wurde im unterfränkischen Höchberg geboren; seine Mutter Rosalie Therese geb. Kopp (1800-1853) entstammte einer eingesessenen Familie, sein Vater war der Webermeister (nach anderen Quellen Bankier) Meyer Sonnemann (1801-1853) aus Bierbergen. Beide Elternteile waren strenggläubige orthodoxe Juden. Da er in Höchberg durch seine Heirat eine Matrikelstelle besetzen und Waren nach Würzburg verkaufen konnte, lebte die Familie einige Jahre im kleinen Ort.
Nach antisemitischen Ausschreitungen im Jahr 1840 zogen die Sonnemanns nach Offenbach am Main (Hessen), wo der Vater eine Tuchhandlung eröffnete. Dort ging Leopold Sonnemann zur Schule und machte nach einem Abschluss der mittleren Reife wohl bei seinem Vater eine Ausbildung zum Textilkaufmann, um in das Familiengeschäft einzusteigen. Nach dem Tod der Eltern 1853 übernahm Sonnemann die Firma des Vaters und wandelte sie in ein Bankunternehmen um. Er zog nach Frankfurt am Main und war Mitgründer der Frankfurter Volksbank. Am 03. Februar 1854 heiratete er Rosa geb. Schüler (1835-1911), Spross der Rabbiner-Tochter Nettchen Cohen und des Weinhändlers Moise Schüler aus Geseke in Westfalen. Aus der Ehe ging Therese verh. Simon (1855-1938) hervor. Sonnemann war ab 1855 Mitglied der Frankfurter Freimaurerloge "Zur aufgehenden Morgenröthe".
Die Revolution im März 1848 und der 1849 letztlich gescheiterte Versuch, in Frankfurt einen föderalen und liberalen Deutschen Staatenbund aufzubauen (Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche), hatten in Leopold Sonnemann ein starkes politisches Bewusstsein geweckt. Da er nun finanziell unabhängig war, widmete er sich verstärkt dem Journalismus und sozialen Belangen. Er gründete 1856 die "Frankfurter Handelszeitung und Handelsblatt", die sich für die Gewerbe- und Zollfreiheit engagierte und in Handelskreisen Einfluss gewann. Während der Besetzung Frankfurts durch Preußen im Deutschen Bruderkrieg 1866 floh Sonnemann zunächst nach Stuttgart, konnte aber bald zurückkehren und war ab 1867 alleiniger Eigentümer und Herausgeber der Zeitung, die er 1881 in "Frankfurter Zeitung" umbenannte. Sonnemann bestimmte ihre liberal-demokratische und reformerische Ausrichtung im Sinne der sog. "Paulskirchenzeit". In wenigen Jahren entwickelte sich diese zu einer bedeutenden Tageszeitung und zum Hauptorgan der Demokratie in Südwestdeutschland. 1893 wandelte er die FZ in eine GmbH um und zog sich 1902 aus der aktiven Verlagsleitung zurück.
Abgesehen von seinem publizistischen Einsatz engagierte sich Leopold Sonnemann auch in der aktiven Politik: Er war maßgeblich an der Gründung der Deutschen Volkspartei (DVP) im Jahr 1868 beteiligt, und saß als deren einziger Vertreter bereits 1871 im Reichstag zu Berlin (da die neue Reichsverfassung endlich den deutschen Juden ihre volle rechtliche Gleichstellung zugestand). Bis auf eine kurze Unterbrechung 1877/78 behielt Sonnemann sein Mandat für den Regierungsbezirk Wiesbaden 6 (Stadtkreis Frankfurt am Main) bis 1884. Seine öffentlich publizierte Opposition gegen Reichskanzler Otto von Bismarck, z.B. in der Frage der Annexion Elsass-Lothringens, führte zu zeitweiligen Verboten der FZ. Von 1869 bis 1880 war Sonnemann außerdem Mitglied der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und des Finanzausschusses, wo er sich um die Stadtentwicklung verdient machte (Bau des neuen Hauptbahnhofs, des Palmengartens, und der Stahlträgerbrücke "Eiserner Steg" über den Main). Als Mäzen gewährleistete er die Finanzierung des neuen Frankfurter Opernhauses und förderte die Senckenbergische und Rothschild'sche Bibliothek. 1891 initiierte er die Internationale Elektrotechnische Ausstellung, 1899 war er Gründungsvorsitzender des Städelschen Museumsvereins. Er verstarb 1906 in Frankfurt am Main und ruht auf dem Altem Jüdischem Friedhof Rat-Beil-Straße.
Trotz oder gerade wegen seiner Präsenz in der Öffentlichkeit wurde Leopold Sonnemann immer wieder das Ziel antisemitischer Angriffe durch konkurrierende Zeitungen und Politiker, gegen die er sich jedoch stets mit spitzer Feder zur Wehr setzte. In der NS-Herrschaft wurde sein Einsatz für die Demokratie herabgewürdigt und sein Einfluss auf die Entwicklung Frankfurts verschwiegen. Heute erinnert im Frankfurter Ortsteil Ostend eine Straße an den großen Förderer, und in seinem Geburtsort Höchberg wurde die Sonnemann-Realschule und die Sonnemannstraße nach ihm benannt. 2010/11 zeigte das Historische Museum Frankfurt a.M. die Sonderausstellung "Leopold Sonnemann. Jude – Verleger – Politiker – Mäzen".
(Patrick Charell)
Literatur
- Heike Drummer / Jutta Zwilling: Sonnemann, Leopold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 24 (2010), S. 573f.
- Klaus Arlt (Hg.): Wegweiser zu den Grabstätten bekannter Persönlichkeiten auf Frankfurter Friedhöfen. Frankfurt a. M. 1985, S. 52.
- Paul Arnsberg: Die Geschichte der Frankfurter Juden, Bd. 3: Biographisches Lexikon. Darmstadt 1983, S. 438-447.
- Heinrich Simon: Leopold Sonnemann. Seine Jugendgeschichte bis zur Entstehung der "Frankfurter Zeitung". Frankfurt am Main 1931.
- Verlag der Frankfurter Zeitung (Hg.): Geschichte der Frankfurter Zeitung. Frankfurt a.M. 1906.
Weiterführende Links
Quellen
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