Biografien
Menschen aus Bayern

Julius (Joel Jakob) von Hirsch Bankier

geb. 05.09.1789, Gaukönigshofen
gest. 06.09.1876, Würzburg

Wirkungsort: Würzburg

Julius (eigentlich Joel Jakob) von Hirsch war der älteste Sohn des bedeutenden bayerischen Hoffaktors, Bankiers und Brauereibesitzers Jakob Freiherr von Hirsch (1765-1840), der 1818 in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. Seit 1809 hielt sich Julius von Hirsch in Würzburg. Im Jahr 1811 gründete er ein eigenes Bankhaus, später beteiligte er sich an der Finanzierung des Eisenbahnbaus in Bayern. Hirsch war viermal verheiratet: 1809 mit Friederika Jeidl, später mit Sarah Kaulla († 1829), 1829 mit Karolina Kaulla († 1833) und 1835 mit Sara Wertheimber (1811–92). Er hatte drei Söhne aus erster, vier Söhne und vier Töchter aus zweiter, einen Sohn aus dritter sowie drei Söhne und drei Töchter aus vierter Ehe. Julius von Hirsch war Mitbegründer der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank 1835. Er wirkte am neuem bayerischen Niederlassungs- und Gewerberecht von 1861 mit, das den jüdischen Staatsbürgern endlich die freie Wohnortswahl und Gewerbefreiheit garantierte.

Joel Jakob Hirsch wurde am 5. September 1789 in (Gau-)Königshofen geboren. Seit 1809 war er in Würzburg ansässig und gründete dort 1811 wie sein Vater in München ein privates Bankhaus, das vornehmlich adelige und großbürgerliche Kunden bediente. Daneben beteiligte er sich am Eisenbahnbau und reorganisierte den fränkischen Holzhandel. Dessen erfolgreiche Gründung und Ausbau sind vornehmlich sein Werk. Seine Dienste als Bankier und Treuhänder wurden sowohl von König Max I. Joseph, wie auch Kronprinz Ludwig in Anspruch genommen (der erst in Aschaffenburg, dann in Würzburg bis zu seiner Krönung 1825 residierte). Daneben regelte Julius von Hirsch die Vermögensverhältnisse der mediatisierten Fürstenhäuser von Waldeck in Prag und Oettingen-Wallerstein, sowie des Freiherren von Bibra. Wichtig ist auch seine tatkräftige Mitwirkung bei der Gründung der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in München die am 15. Oktober im Palais Preysing gegenüber der Münchner Residenz öffnete (Residenzstraße 27) öffnete. Er selbst zeichnete die damals enorme Summe von einer Millionen Gulden und konnte auch das Frankfurter Bankhaus Rothschild für eine Investition von 1,5 Millionen Gulden in Aktien gewinnen.

Obwohl Julius von Hirscher keine Ämter in der jüdischen Gemeinde Würzburg bekleidete, ließ er in seinem Würzburger Anwesen einen privaten Betsaal einrichten. Er unterstützte seine Gemeinde finanziell und mit seinem politischen Einfluss.

Vehement setzte sich Hirsch für die Verbesserung der Rechtsstellung bayerischer Juden ein. So gelang es ihm, mit Unterstützung des Grafen von Giech (dessen Besitz eine jahrhundertealte jüdische Tradition vorweisen konnte) den Landtagsabschied vom 10. November 1861 durchzusetzen, der die harten Vorschriften des Judenediktes von 1813 beseitigte.

Julius von Hirsch starb am 6. September 1876 in Würzburg und wurde auf dem jüdischen Friedhof zu Heidingsfeld beigesetzt. Die Neue Würzburger Zeitung veröffentlichte am 15. September einen Nachruf. Die Münchner (Planegger) Linie der Familie Hirsch wurde von seinem jüngeren Bruder Joseph (1805-1885) weitergeführt, dem Julius bereits mit Vertrag vom 10. November 1858 das Stammschloss Gereuth übergeben hatte. Joseph von Hirsch verkaufte es bereits am 6. Januar 1859, es ist heute in Privatbesitz und kann besichtigt werden.


(Patrick Charell)

Bilder

Literatur

  • Lilian Harlander: „…so ein vollkommenes Bräuhaus der Vollendung nahe“. Die Familie von Hirsch und ihre Schlossbrauerei in Planegg bei München. In: Lilian Harlander / Bernhard Purin (Hg.): AK Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten. München 2016, S. 71-93.
  • Werner Ebnet: Sie haben in München gelebt. Biografien aus acht Jahrhunderten. München 2016, S. 278.
  • Erika Bosl: Die Familie von Hirsch-Gereuth im 18. und 19. Jahrhundert, Bankiers. In: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd. 2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 63-70.
  • Stiftung Deutsches Adelsarchiv (Hg.): Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon V (Bd. 84 Gesamtreihe), Limburg an der Lahn 1984, S. 232.

GND: 116904801