Aron Elias Seligmann entstammte einer sehr wohlhabenden und einflussreichen jüdischen Bankiersfamilie in Leimen (heute Baden-Württemberg). Er pachtete Salinen, eröffnete 1783 eine monopolisierte kurfürstliche Tabakmanufaktur und wurde 1799 mit einem besonderen Privileg nach München gerufen, um die zerrütteten Staatsfinanzen zu konsolidieren. Noch 1811 war Seligmann ein Hauptgläubiger des Königreichs Bayern. Unter seinem Einfluss wurde 1812 der Bayerische Rechnungshof gegründet, den es bis heute gibt. Für seine Verdienste erhielt Aron Seligmann für sein Gut Maria Eich in Gauting den erblichen Adelstitel eines Freiherren von Eichthal. Die Familie gehörte für Generationen zum regierungsnahen wirtschaftlichen Establishment Bayerns.
Der Großvater von Aron Elias Seligmann, Aron Seligmann, stammte aus Treysa in Hessen und hatte in Leimen bei Heidelberg geheiratet. Dadurch erhielt er 1717 gegen eine bestimmte Summe einen Schutzbrief, der ihm Rechte zubilligte, unter anderem, als Kleinhändler tätig zu sein. Er wurde der zweitreichste Jude in Leimen und war dort auch als Geldverleiher tätig. Seine Finanzkraft war so groß, dass er sogar imstande war, der Gemeinde Leimen Geld zu leihen. Die beiden Söhne Ahron und Eli schlugen denselben Weg ein: Ahron wurde herzoglich-württembergischer Hoffaktor, Eli kurpfälzischer Hofagent. Außerdem erhielten beide im Jahr 1759 für zwanzig Jahre den Salzkontrakt, das heißt, sie importierten mit Provision Salz aus angrenzenden Gebieten. Ahron starb bereits 1774. Im Testament begünstigte er seinen am 26. April 1747 geborenen Neffen Aron Elias Seligmann und übertrug ihm die Führung seiner Geschäfte. Aus der Ehe des Aron Elias Seligmann mit Hindele Levi, die aus einer bekannten Sigmaringer Hoffaktorenfamilie stammte, gingen fünf Töchter und fünf Söhne hervor: Chaila, später Caroline (1767-1836), Friederike Marie (1771-1856), Arnold (1772-1838), Fanny (1774-1854), David (1775-1850), Bernhard Aron (1784-1830),[4] Louis Aron (1786-1840), Simon Aron (1787-1854), Rebeka Caroline (1788-1836) und Rachel (1790-1861, spätere Julia Sophia von Eichthal).
1783 pachtete A. E. Seligmann, zusammen mit dem Mannheimer Bankhaus Schmaltz, die Pfälzer Salinen für 25 Jahre mit einer Jahrespacht von 90.000 Gulden. 1790 eröffnete er, mit Privileg des bereits in München residierenden Kurfürsten Karl Theodor, eine Tabakmanufaktur in Leimen, die hundert Arbeiter beschäftigte und dem kleinen Ort zu bescheidenem Wohlstand verhalf: Seligmann & Compagnie, Kurfürstlich privilegierte Fabrik.
A. E. Seligmann stieg mit dem von Philipp Lorenz Schmaltz (1684-1737) gegründeten Mannheimer Bankhaus gleichen Namens ins Anleihegeschäft ein. Durch die Koalitionskriege mit Frankreich mussten für die kurpfälzischen Städte Worms, Speyer, Heidelberg und Mannheim Kontributionssummen beschafft werden. Zwischen 1794 und 1802 ließ er das Leimener Wohnhaus seines Vaters zum Palais ausbauen, was ihn 80.000 Gulden kostete. Im palastartigen Anwesen ist heute die Stadtverwaltung untergebracht. Kurfürst Karl Theodor nahm im Jahr 1796 bei Schmaltz und Seligmann sechs Millionen Gulden auf. 1799 wurde der Hoffaktor „per Eilstaffette“ nach München berufen. Die Staatskassen waren erschöpft und für die Truppen im Feld wurden unverzüglich 50.000 Gulden benötigt. Es waren schließlich 14 Millionen Gulden, die der Pfalz und Bayern als Anleihen gewährt wurden, wie der Historiker Karl Günther schreibt.
Da dem nun in München lebenden A. E. Seligmann 1803 vom neuen Landesherrn keine Privilegien für die Leimener Tabakmanufaktur gewährt wurden, wirkte sich das auch negativ auf das Unternehmen aus. So besann er sich auf seine Tätigkeit als Heeresentrepreneur. So hatte er 1779 bereits 3.800 Pferde an die kaiserliche Armee in Österreich geliefert. Für die Truppen beschaffte er auch Korn, Gerste, Hafer, Heu sowie Zugpferde. Die Bayerisch Israelitische Gemeindezeitung schrieb am 31. Oktober 1931: „Seeligmann war bereits kurpfälzischer Hoffaktor, als er 1786 zum K. und K. Hof- und Kammeragenten ernannt wurde, wegen seiner Verdienste als Lieferant an die kaiserlichen Truppen in den Niederlanden.“
Durch Tabak- und Salzhandel sowie Heereslieferungen hatte A. E. Seligmann seine Finanzkraft so sehr gestärkt, dass er nun in der Lage war, der Kurpfalz und Bayern große Summen mit Anleihen zu gewähren. Im Februar 1799 verstarb Kurfürst Karl Theodor in München und die Regentschaft ging auf seinen Verwandten Max Joseph über, der die bayerischen Finanzen „in großer Unordnung, alle Staatskassen ausgeleert“ vorfand.
Durch neuerworbene Gebiete und den zweiten Koalitionskrieg war das bayerische Königreich finanziell so stark geschwächt, dass eine große Anzahl von Anleihen beim Hoffinanzier Seligmann getätigt wurden. Dazu schrieb die Gemeindezeitung von 1931: „Im Jahre 1802 gewährte Seeligmann dem bayerischen Staat eine 3-Millionen- Gulden Anleihe zu 6 % Zinsen gegen Verpfändung der Zolleinnahmen. Im Jahre 1804 wurde dem Hofbankier A. E. Seeligmann das Rechnungswesen des ‚Ministerialauswärtigen Departements‘ übertragen. Der Hofbankier hatte die Gehaltszahlungen an die Beamten des auswärtigen Dienstes in München und im Ausland vorzunehmen … Da die Bezahlung der Staatsbeamten viele Jahre hindurch großen Unregelmäßigkeiten ausgesetzt war, so wurde wenigstens dem bayerischen Gesandtschaftspersonal im Ausland die Gehaltszahlung durch den Hofbankier gesichert. Auch für den sonstigen Geldbedarf des auswärtigen Dienstes, für Geschenke, Reisekosten und dgl. hatte Seeligmann die Mittel bereitzustellen. Neben der Finanzierung des diplomatischen Dienstes leistete der Hofbankier fortwährend Vorschüsse an den immer geldbedürftigen König Max I. So gewährte Seeligmann der kgl. Kabinettskasse vom 22. Februar 1809 bis 10. Februar 1810 nicht weniger als 12 Vorschüsse, welche zusammen 253 224 (Gulden) ausmachten.“
Im Jahr 1799 erhielt der Hoffaktor als Anerkennung das Privileg, das ihm, seinen Kindern und Schwiegersöhnen die vollen staatsbürgerlichen Rechte zuerkannte, das heißt, sie wurden den christlichen Untertanen gleichgestellt. Familie Seligmann erreichte so eine Stellung, die, Jahrzehnte vor der allgemeinen Judenemanzipation, nur dem ausgewählten Kreis der Hoffaktoren zuteilwurde. A. E. Seligmann war der erste praktizierende Jude, der den Rang eines Königlich Bayerischen Hofbankiers bekleidete, und war auch der erste Israelit in Bayern, der nobilitiert wurde.
Nach seiner Ernennung zum Hofbankier richtete er im Juli 1814 ein Schreiben an den König, mit der Bitte, ihn in den Freiherrenstand zu erheben. Er hatte das Gut Maria Eich in Gauting im Würmtal erworben und wurde am 22. September 1814 zum Freiherrn von Eichthal geadelt. Das Adelsprädikat war Anerkennung für „Anhänglichkeit und mannigfaltigen getreuen Dienste“, die er innerhalb einer Zeitspanne von 40 Jahren dem Haus Wittelsbach geleistet hatte. Der Titel war vererbbar und wurde auch auf seine zahlreichen Kinder und die in Mannheim lebende Ehefrau Hindele übertragen, die sich nun Henriette von Eichthal nannte. Ihr Mann ließ sich am 21. Oktober 1819 in der Münchner Pfarrei in der Au auf den Namen Leonhard taufen, seine zehn Kinder waren auch alle zur katholischen Konfession übergetreten, nur seine Ehefrau behielt ihren Glauben bei. Leonhard Aron Elias Freiherr von Eichthal starb am 11. Januar 1824 in München und fand seine letzte Ruhe auf dem Südlichen Friedhof. In seinem Testament bedachte er das Münchner Armeninstitut mit 2.000 Gulden. Seine Nachkommen erhöhten die Summe um ein Vielfaches.
Aus der Serie „Gesichter unseres Landes“ von der Hanns-Seidl-Stiftung.
(Susanne Reber)
Literatur
- Karl Günther, "Das Haus Seligmann". In: Michael Heitz und Bernd Röcker (Hg.): Jüdische Persönlichkeiten im Kraichgau. Heidelberg 2013, S. 261-265.
- Franziska Jungmann Stadler: Drei Generationen Seligmann-von Eichthal in München, "allda etablierte Banquiers". In: Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.) / Manfred Treml / Wolf Weigand: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Bd. 2: Lebensläufe. München 1988 (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 18), S. 53-58.
- Heinrich Schnee: Die Hoffinanz und der moderne Staat, Berlin 1967, S. 213-241.
- Leo Baeck Institute (Hg.) / Berthold Rosenthal: Zur Ahnentafel des Georg Ludwig Mayer aus Mannheim. New York 1937.
- Alphabetisches Verzeichnis der sämtlichen Einwohner zu Mannheim mit Bemerkung ihrer Wohnung aufgestellt im Monat Januar 1815.
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Quellen
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